Jakob Robert Steiger war Arzt, Freischarenführer und Politiker. Er prägte den Weg des Kantons Luzern in den Schweizer Bundesstaat wie kaum ein anderer. Illustration zVg
Jakob Robert Steiger war Arzt, Freischarenführer und Politiker. Er prägte den Weg des Kantons Luzern in den Schweizer Bundesstaat wie kaum ein anderer. Illustration zVg
24.02.2019

Erst zum Tod verurteilt, dann als Held gefeiert

Das Leben des in Geuensee aufgewachsenen Arztes Jakob Robert Steiger ist charakteristisch für die bewegten Jahrzehnte vor der Gründung des Schweizerischen Bundesstaats. Ein Hintergrund-Flashlight zur diesjährigen historischen Vortragsreihe von Historia Viva.

Sucht man zur Illustration der Zeit vor der Gründung des Bundesstaats eine Persönlichkeit mit regionalem Bezug, kommt man nicht um den Arzt, Freischarenführer und Politiker Jakob Robert Steiger herum, der 1801 in einem kleinen, mit Stroh bedeckten Bauernhaus in Geuensee zur Welt kam. Sein Vater stammte aus dem Nachbardorf Büron. Schon während der Gymnasialzeit betätigte sich der junge Steiger politisch, hielt die Rede an der Sempacher Schlachtfeier und nahm an vorderster Front an den Studentendemonstrationen gegen die Absetzung des Philosophieprofessors Paul Vital Troxler wegen dessen liberaler Gesinnung teil.

Vom Theologen zum Mediziner

aaa

Zu schaffen machten Steiger auch die Widersprüche, die er zwischen dem Leben der Kleriker und ihren Lehren erblickte. Er zog die Konsequenzen, gab sein Theologiestudium auf und widmete sich jenem der Medizin. Nach dessen Abschluss eröffnete er in seiner Heimatgemeinde Büron die erste Praxis. Die Politik wurde danach wieder zum Thema. Steiger war Redaktor des «Eidgenossen», des in Sursee und später in Luzern erscheinenden radikalen Kampfblatts, wurde in den Verfassungsrat gewählt und nahm, als die neue Verfassung 1831 vom Volk gutgeheissen worden war, als Vertreter der tonangebenden liberalen Partei im Grossen Rat, wenig später dann auch im Kleinen Rat (Regierungsrat) Einsitz. Mehrere Male vertrat der Arzt den Stand Luzern zudem an der Tagsatzung.

Jesuiten erhitzten die Gemüter

1841, als sich die Konservativen die Mehrheit eroberten, musste Steiger seinen Sessel im Parlament räumen. Mit aller Kraft setzte er sich nun gegen das konservative Regime, insbesondere gegen die Berufung der Jesuiten nach Luzern, zur Wehr. Nach dem Misslingen des ersten Freischarenzugs zog er den Verdacht der geistigen Urheberschaft auf sich, weshalb er Ende 1844 im Kerker landete, dann aber gegen Kaution wieder auf freien Fuss gesetzt wurde. Am zweiten Freischarenzug 1845 nahm Steiger dann tatsächlich an vorderster Front teil. Er wurde verhaftet, in den Luzerner Kesselturm gesperrt und wegen Hochverrats zum Tod durch Erschiessen verurteilt.

bbb

Aus dem Kesselturm geflohen

Dieses Urteil erregte im In- und Ausland grosses Aufsehen. Weit über 4000 Personen richteten Begnadigungsgesuche an die Regierung, die unter diesem Druck mit Österreich, Preussen, Holland und Sardinien Verhandlungen aufnahm, ob sie dem Verurteilten im Falle einer Begnadigung Exil gewähren würden. Nachdem sich Sardinien zu Verhandlungen bereit erklärt hatte, gelang es Steiger, sich mit Hilfe des Wirts des Zürcher Cafés Littéraire und dreier Landjäger aus dem Kesselturm zu befreien und sich nach Zürich durchzuschlagen. Die düpierte Luzerner Regierung fackelte nicht lange, konfiszierte das Vermögen des inzwischen in Winterthur praktizierenden Arztes und entzog ihm das Heimatrecht.

Erster Nationalratspräsident

Als 1847 der Sonderbundskrieg, ein Bürgerkrieg der katholischen gegen die reformierten Kantone, ausbrach, anerbot sich Steiger der Zürcher Regierung, ihre Truppen als Militärarzt zu begleiten. Als er nach der Niederlage der Sonderbundstruppen nach Luzern kam, wurde er frenetisch gefeiert. Er nahm auch wieder im Grossen Rat Einsitz, den er sogleich präsidierte, und kurz darauf ebenso im Regierungsrat, dem er 1849 und 1851 als Schultheiss vorstand. Von da bis in die nationale Politik war es dann nurmehr ein kurzer Weg. So warder Arzt aus dem Surentalbei der Gründung des Bundesstaats 1848 an der Ausarbeitung der Verfassung beteiligt. Das Luzerner Volk wählte ihn in den Nationalrat, dessen erster Präsident er wurde. 1862 starb Steiger, kaum 61 Jahre alt, in Luzern.


Schon gelesen?

Anzeigen

Zum E-Paper

Lesen Sie unser wöchentlich erscheinendes E-Paper und tauchen Sie ein in spannende Reportagen, Politkrimis und erfahren Sie das Neuste aus Ihrer Gemeinde.

zum ePaper

Meistgelesen

Instagram