Baff sind die Eltern, als Marie ihren schwarzen Zukünftigen vorstellt. Foto:zvg/a.gon münchen
Baff sind die Eltern, als Marie ihren schwarzen Zukünftigen vorstellt. Foto:zvg/a.gon münchen
21.09.2018

Monsieur Claude, seine Töchter und der schwarze Schwiegervater André

Im Gastspiel "Monsieur Claude und seine Töchter" prallen die Kulturen auf der Bühne des Stadttheaters Sursee aufeinander. Die Schwiegerväter Claude und André ändern ihre Skepsis gegeneinander – ganz französisch – beim Rotwein. Am Schluss versöhnen sich alle. Musik, Tanz, schöne Hochzeitskleider und komödiantische Dialoge verwöhnen das Publikum.

Blau und karg ist das Bühnenbild auf der Stadttheaterbühne am Anfang. Dreimal läuten die Hochzeitsglocken im Jahresrhythmus. Michelle heiratet einen Chinesen, Adèle einen Juden und Isabelle einen Muslim. Schwiegervater Claude tanzt jeweils nicht mit. Schwiegermama Marie müffelt zum Muslimen: "Mahmud klingt wie Mammut."

Die Stimmung in der Familie Verneuil kriselt. Entgegen den Vorstellungen, einen katholischen Ur-Franzosen "im Notfall halt einen Korsen" zu heiraten, wählen die ältesten drei Töchter Männer mit Migrationshintergrund und "falscher" Religion aus. Chao Ling, dessen Eltern aus China stammen, ist in einem Kühllaster gezeugt worden. Claude frotzelt: "Man könnte ihn auch einen Klimaflüchtling nennen." Er habe nicht gerade das Antlitz eines Galliers.

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Den Töchtern geht diese Haltung völlig gegen den Strich. *Es reicht und ist unglaublich, was ihr für Idioten seid", klagt Michelle. Die Töchter mit ihren Ehemännern und die Eltern Claude und Marie gehen sich aus dem Weg, was aber für Marie fatale Folgen hat. Sie landet beim Psychiater mit Anzeichen einer Depression. Dieser macht ihr Hoffnungen, vielleicht heirate ja die letzte Tochter einen Katholiken.

 

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"Marseillaise" überzeugt Claude

Marie reichts. Sie spricht mit Claude im Garten des eigenen Schlosses und bittet ihn, die "verlorenen" Töchter an Weihnachten einzuladen. "Bitte, ich muss die Enkelkinder aufwachsen sehen. Lass es uns versuchen." Er wird weich und hofft: "Hauptsache, alle sind friedlich."

Inzwischen hat sich die jüngste Tochter Laura in den katholischen, französischen Schwarzen André Koffi verliebt. Der sagt: "Ich habe kein Problem, es gibt nicht schwarz oder weiss, was zählt ist der Mensch." Laura ahnt jedoch, dass ihre Eltern und allen voran ihr Vater Claude, mit einem schwarzen Schwiegersohn ihre liebe Mühe haben.

An Weihnachten entschuldigt sich Claude auf Drängen von Marie bei seinen drei Schwiegersöhnen. Überzeugt hat ihn auch das inbrünstige Singen der "Marseillaise" durch die drei Schwiegersöhne. In weiser Voraussicht kommentiert Adèle die Versöhnungsfeier bei Kerzenlicht am Weihnachtsfest: "Es gibt nichts Besseres als Alkohol."

 

Am nächsten Tag gesteht Laura ihren Eltern: "Ich werde heiraten." Marie fragt: "Ist er katholisch?" Seine Familie sei sehr katholisch. "Er ist Sch... auspieler", antwortet sie verlegen. "Der Beruf ist egal", ist Claude überzeugt. Unter sich meinte er zu Marie: "Ich wusste, dass uns unsere Laura nicht enttäuschen wird."

Die Pausenglocke erklingt und das mit 450 restlos ausverkaufte Stadttheater leert sich. In der Pause überlegen sich einige Eltern, wie sie in ähnlichen Situationen reagieren würden. Ein Theaterbesucher meinte, für ihn wäre das Schlimmste, wenn der Sohn wegen einer Frau nicht mehr in der Nähe wohnen würde. Alles andere sei zu verkraften.

 

Unter vier Augen sprechen

Wieder ist das Bühnenbild blau. Jetzt lernen Claude und Marie Charles kennen und meinen zuerst, er sei ein Taxifahrer. Die Enttäuschung ist gross. Marie nimmts gelassener und beichtet ihrem Psychiater, dass sie bereits von prachtvollen Mischlingskindern geträumt habe.

Claude hingegen hat den Gong. "Das halte ich nicht aus", verschwindet er nach draussen und fällt alle Bäume. Er macht seiner Ehefrau Vorwürfe: "Es war keine gute Idee, Laura in Paris studieren zu lassen." Auch die drei Schwiegersöhne haben Vorurteile gegenüber Schwarzen. Lauras Schwestern hingegen muntern sie auf.

Marie und Laura nehmen Kontakt auf mit den Eltern von André, die in der Elfenbeinküste wohnen. Die Hochzeit naht. Marie und Charles Mutter Madeleine freunden sich sofort an. Claude und Charles Vater André lernen sich kennen. "Ich möchte mit ihnen unter vier Augen sprechen", sagt Charles zu Claude.

 

Kaffee vermischt mit Milch

Erst jetzt erfahren sie, dass beide gegen die Hochzeit sind. Beide sind Gaullisten. Chateauneuf du pape fliesst. "Mischen funktionieren gar nie", behauptet Charles. Wasser und Öl vermischen sich nie. Claude hält entgegen: "Kaffee vermischt sich hervorragend mit Milch." Jetzt öffnet Claude einen Schnaps, die tauschen die Kleider und drücken beide Telefonanrufe ihrer Ehefrauen weg.

Schliesslich landen sie in der Ausnüchterungszelle. Marie sucht sie und hat Angst. Die drei Schwiegersöhne samt Charles holen die beiden nun verbrüderten Claude und André von der Polizeiwache ab.

Nichts davon ahnend resigniert Marie und will nicht mehr Charles heiraten. Im letzten Moment halten Claude und André Marie vom Einsteigen in den Zug ab.

In der Schlussszene jubeln alle. Sogar der Pfarrer tanzt mit. "Marie, willst Du eine zweite Hochzeitreise mit mir machen?", fragt Claude. Zusammen könnten sie die Eltern aller Schwiegersöhne besuchen.

Das komödiantische Talent eines Christian Clavier wie im Film-Original "Qu’est-ce qu’on a fait au Bon Dieu?" ist kaum zu toppen. Dennoch überzeugt die Version des Ensemble a.gon aus München und erntet viele Lacher. Besonders hervorzuheben sind die beiden Schwiegereltern – aus Frankreich und aus der Elfenbeinküste.

Mit 76 Jahren steht Pavel Fieber (Claude) seinen Mann auf der Bühne und verzweifelt glaubwürdig am Multikulti der Gegenwart. Sein vermeintlicher Antipode Eddie Jordan (André) sieht als Angler mit Hut und im Boubou, dem traditionellen Gewand der Elfenbeinküste, urkomisch aus.

Mit Eleganz und Grandezza verkörpert Judith Riehl Marie. Nur in der Horizontale beim Psychiater ist ihre Stimme im Stadttheater zu leise. Reizend bannt Ida Ouhé-Schmidt alias Madeleine das Publikum. Sie spielt keine Big Mamma, sondern agiert quirlig und tänzelnd wie ein junges Reh.

Wie ein roter Faden zieht Alexander Mattheis durch das Stück. Ob als Rabbi, als verdatterter Franzose Xavier und vor allem als Pfarrer hat er mehrere eher stille Auftritte und blüht jeweils an den Hochzeiten mit bewegungsreichem Tanz richtig auf.


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