Silvia Schaller-Bass ist seit zehn Jahren die Chefin im Betagtenzentrum Lindenrain in Triengen. Foto kul
Silvia Schaller-Bass ist seit zehn Jahren die Chefin im Betagtenzentrum Lindenrain in Triengen. Foto kul
30.12.2018

«Das Leben muss spürbar bleiben»

Silvia Schaller-Bass will kein Bürogummi sein. Die Zentrumsleitung des Betagtenzentrums Lindenrain in Triengen engagiert sich für ein facettenreiches Leben im Alter. Warum das Betagtenzentrum Lindenrain nicht die «Endstation des Lebens» ist, weiss sie und erzählt es.

Sie will das Klischee brechen. Wegkommen vom voreingenommenen Bild des Pflegeheims mit dunklen Räumen, muffigem Geruch und ödem Tagesprogramm. Wegkommen vom Vorurteil, dass Pflegeheime die «Endstation des Lebens» seien, die sogenannte «letzte Stätte». Diesen Vorsatz verfolgt Silvia Schaller-Bass, die Zentrumsleitung des Betagtenzentrums Lindenrain in Triengen, bis heute – und die Ergebnisse sind sichtbar.


Zeit für Aussergewöhnliches
Lichtdurchflutete Räume, geselliges Beisammensein und heitere Stimmung erwarten den Besucher beim Betreten des Betagtenzentrums Lindenrain. Bewohner und Angehörige sitzen bei Glühwein und Punsch zusammen, im Hintergrund läuft Festtagsmusik. Ein gigantischer Weihnachtsbaum steht in der Eingangshalle. Hie und da bleibt Silvia Schaller-Bass stehen, wechselt ein paar Worte mit einem Mitarbeiter, hält in der Backstube des Zentrums inne, probiert die frischgebackenen 
Guetzli der Bewohner.

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«Die Tage sollen mit Inhalten gefüllt sein», sagt sie. Ein vielseitiges Programm bringt Abwechslung ins Haus: Backen, Spaziergänge, Kinonachmittage, Konzerte und Ausflüge. Aber auch für Aussergewöhnliches wie eine Kutschenfahrt, Wellnesswohlfühltage oder eine Sommerolympiade ist Zeit. «Das Leben muss spürbar bleiben. Die Bewohner sollen noch viele Dinge unternehmen können und Freude dabei empfinden.»


Unerwarteter Richtungswechsel 
Seit zehn Jahren ist Silvia Schaller-Bass nun Zentrumsleitung des Lindenrains. Den ersten Grundstein für ihre Ausbildung legte sie jedoch nicht im Gesundheitswesen, sondern im kaufmännischen Bereich. Dass sie einmal helfen würde, den Spitex-Verein Büron-Schlierbach auf die Beine zu stellen, und später gar die Zentrumsleitung des Lindenrains übernehmen würde, hätte die Walliserin nicht gedacht. «Heute bin ich froh, bin ich diesen Weg gegangen.

Obwohl es kein einfacher Weg war.» Über die Jahre hinweg legte sie nebenberuflich Aus- und Weiterbildungen im Gesundheitsbereich ab, um die Grundsätze der Pflege zu verstehen. «Nur Manager sein wäre mir nicht gelegen. Ich wollte beide Seiten verstehen», sagt sie.

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Diesen Sommer absolvierte sie erfolgreich die Ausbildung zur Fachspezialistin Demenz am Felix Platter Spital in Basel. Dabei die Familie und das 100%-Pensum im Lindenrain unter einen Hut zu bringen, stellte sich als Herkulesaufgabe heraus. «Da ich keine Pflegeausbildung habe, stellten sich mir viele Fragen zum Thema Demenz. Ich wollte mein Wissen vertiefen, um es im Lindenrain einbringen zu können.»


Herzensprojekt wird realisiert
Im Rückblick auf das Jahr 2018 ist die 47-Jährige besonders stolz, dass der Planungskredit für den Neubau einer Demenzabteilung gutgeheissen worden ist. «Das war seit vielen Jahren ein Herzensprojekt von mir. Gute Rahmenbedingungen zu schaffen für die Menschen dieses Hauses», sagt sie. 58 Bewohnerinnen und Bewohner leben im Lindenrain, davon 28 Menschen mit verschiedenen Formen der Demenz.

«Wir haben im Lindenrain eine integrative Betreuung. Die Menschen mit Demenz können von den nicht dementen Menschen profitieren.» Eine Demenzabteilung soll zusätzlich ermöglichen, besser auf fortgeschrittene Formen von Demenz einzugehen. Beispielsweise auf verhaltensauffällige Menschen, die eine 1:1-Betreuung benötigen. Für diese soll ein geschützter Rahmen mit weniger Reizfläche und Störungsfaktoren entstehen.

«Man kann nicht alle demenzerkrankten Menschen in einen Topf werfen. Jede Demenz verläuft anders. Deshalb beruht die Pflege auf einem personenzentrierten Ansatz. Wir arbeiten anhand der noch vorhandenen Ressourcen, nicht anhand der Defizite.»


Energie tanken im Wallis
Flexibilität, Geduld, Durchhaltevermögen und eine Prise Humor. Diese Qualitäten sollte eine Zentrumsleitung mitbringen, so Silvia Schaller-Bass. Präsent sein, sei wichtig. Schliesslich ist sie Ansprechperson für Mitarbeiter, Bewohner und Angehörige. Sie ist Bindeglied zwischen den Parteien. «Man ist permanent mit Menschen zusammen, permanent im Redefluss.

Da ist es wichtig, ausgeglichen zu sein.» Bei einem Todesfall verabschiedet sie sich von Bewohnern, führt das Trauergespräch mit den Angehörigen, übernimmt die organisatorischen Angelegenheiten. Kurz darauf steht vielleicht ein Mitarbeitergespräch auf dem Programm. Die eigene Trauer muss warten. Von der einen Situation zur nächsten muss ein Wechsel möglich sein.

«Man nimmt die Traurigkeit der Angehörigen und der Mitarbeiter auf, aber diese Emotionen kann ich bei der Arbeit nicht mit mir herumtragen.» Den Ausgleich findet sie in ihrer Heimat, dem Wallis, oder im Büroner Wald. «Da kann ich meine Gefühle rauslassen und Energie tanken. Dann bin ich wieder leistungsfähig.» 


Runder Geburtstag im 2019
Allen Anforderungen gerecht zu werden, ist nicht immer einfach. Doch wie Silvia Schaller-Bass sagt, nur im Büro zu sitzen, liegt ihr nicht. Der Kontakt zu den Menschen ist Kernstück ihrer Arbeit. So steht ihre Bürotür immer offen. So wird sie auch 2019 nicht müde, Herausforderungen anzupacken. Es sind wieder zahlreiche Anlässe geplant, die den Alltag im Lindenrain bunt gestalten sollen. Ausserdem sei es ein besonderes Jahr, denn das Betagtenzentrum feiert seinen 30. Geburtstag.


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