Edith Meier hilft bei der Auszählung der Kantonsratswahlen 2019. Sie hat 40 Jahre Erfahrung. Foto sti
Edith Meier hilft bei der Auszählung der Kantonsratswahlen 2019. Sie hat 40 Jahre Erfahrung. Foto sti
28.03.2019

Edith Meier ruft vergesslichen Wählern immer an

Vom legendären «Leintuch» bis zur computerbasierten Eingabe kennt Edith Meier viele Zählformen bei Wahlen. Sie erlebt die elfte Parlamentswahl und «pocht auf Wasser». Am Wahlsonntag arbeitet die Gemeindeschreiberin II von Triengen von 7.30 bis 16 Uhr.

40 Jahre liegen zwischen der ersten und der aktuellen Wahl ins kantonale Parlament, die Edith Meier hautnah erlebte. Nach dem KV arbeitete die heute 62-jährige gebürtige Ettiswilerin in der Privatwirtschaft, wechselte dann Ende der 1970er-Jahre auf die Gemeindeverwaltung Grosswangen. Horw, Winikon, Sempach und Triengen ab 2015 folgten.

Schlangen vor den Urnen
«In den ersten Jahren machten wir 'Strichli' bei jedem Kandidaten. Wir schrieben sie auf das 'Leintuch' – ein riesengrosses Blatt mit allen Kandidaten», erinnert sie sich an ihre Anfänge im Urnenbüro. Damals strömte das Wahlvolk nach dem Gottesdienst am Sonntag an die Urne. Es bildeten sich Schlangen vor der Urne.

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«Wir strichen auf dem Stimmregister alle ab, die ihre Stimme abgegeben haben.» Alle Stimmberechtigten füllten die Wahllisten erst vor Ort aus. Um das Wahlgeheimnis zu wahren, stellte die Gemeinde dafür in einem abgetrennten Bereich Bleistifte zur Verfügung, berichtet Edith Meier. Die Wahlurne blieb versiegelt, bis das Wahlbüro schloss.

Inspektion dauerte 15 Minuten
«Ich erlebte mehrmals, dass der Regierungsstatthalter oder jemand vom Kanton Stichproben auf dem Urnenbüro machte und kontrollierte, ob die Vorgaben eingehalten wurden», verrät Edith Meier. Zehn bis 15 Minuten habe eine solche Inspektion jeweils gedauert. Damals ging sie an einem Wahlsonntag nie vor 18 Uhr nach Hause, und der Kanton gab die Resultate frühestens am Montag bekannt.

Heute stimmen 99,9 Prozent der Bürger brieflich ab, was seit 1994 möglich ist. Brieflich abstimmen sei sehr bequem, meint Edith Meier und findet: «Dass wir das Urnenbüro am Wahlsonntag noch 30 Minuten offen haben müssen, ist eine Farce und überflüssig.» Heute sei jedoch weniger geregelt als früher. Ein Beispiel: «Die Gemeinden haben mehr Handlungsspielraum beim Entscheid, wer was macht.»

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Bei den Kantonsratswahlen hilft das Programm «Sesam». Edith Meier füttert es mit Daten. Eine Vertretung des Urnenbüros muss das Verbal, d. h. das schriftliche Resultat einer Gemeinde, zusammen mit einzelnen Unterlagen in Papierform bis spätestens um 17 Uhr der Abgabestelle bei der Stadt Sursee abliefern. Dies ist eine Absicherung der sonst elektronisch nach Luzern übermittelten Daten.

Wahlzettel lagern im Tresor
«Früher sammelte der Regierungsstatthalter alle eingereichten Wahlzettel, heute bleiben sie hier in einem geschützten Bereich, bis das Resultat erwahrt, d. h. rechtskräftig ist», führt die Gemeindeschreiberin II aus. 
Triengen lagert die Wahlzettel in einem Tresor. Nach der Erwahrung werden sie vernichtet.

Bei der brieflichen Stimmabgabe müssen alle den Stimmrechtsausweis unterschreiben, sonst ist die Stimme ungültig. Wenn bei der vorzeitigen Kontrolle eine Unterschrift fehlt, greift Edith Meier zum Telefon. «Wir wollen, dass die Leute, die wählen wollen, auch ihre Stimme abgeben können», erklärt sie diesen Service.

Plauderei ist nicht erlaubt
Wenn Edith Meier das Sagen hat, gilt im Urnenbüro während des Auszählens striktes Mobile-Verbot. Plauderei ist nicht erlaubt. «Niemand darf eine Prognose nach aussen tragen. Ein geordneter Ablauf ist wichtig», betont sie. Am Wahlsonntag beginnt sie um 7.30 Uhr. Um 10 Uhr gibt es eine erste Pause.

Eine Zwischenverpflegung steht in einem gesonderten Raum bereit. Essen während des Auszählens gehe gar nicht, da saubere Hände nötig seien. Kaffee oder Orangensaft seien verboten. Eine Ausnahme gewährt sie: Hahnenwasser oder «Knutwiler». «Vor 20 Jahren wurde ich in Winikon noch ausgelacht, als ich mit Wasser angefangen habe. Wasser erfrischt und gibt Auftrieb.»

Wann wer was tun muss
Eine Anspannung vor den Wahlen spürt die erfahrene Zählerin immer noch. «Schliesslich muss alles korrekt ablaufen. Es steht und fällt mit den Leuten, die helfen», erzählt sie aus ihrer reichen Erfahrung. Eine akribische Vorbereitung haben Mitarbeitende der Verwaltung hinter sich. Ein «Ablauf des Wahlsonntags» zeigt, wann wer was tun muss.

«Ich habe an Wahlsonntagen immer gerne gearbeitet. Hier zeigt sich, was wir können», schliesst Edith Meier ihre Erinnerungen ab. Spätestens um 16 Uhr kehrt sie nach Hause, hofft sie.


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