Setzen sich für die Abgabe von städtischem Land im Baurecht ein: Die Grünen Sursee mit ihrem Präsidenten Samuel Zbinden (hinten, 3. v. l.) bei der Übergabe der Bodeninitiative an Stadträtin Jolanda Achermann (hinten, 3. v. r.) und Stadtschreiber Bruno Peter (hinten, 4. v. l.) am vergangenen Dienstag vor der Surseer Stadtverwaltung. Foto Ana Birchler-Cruz
Setzen sich für die Abgabe von städtischem Land im Baurecht ein: Die Grünen Sursee mit ihrem Präsidenten Samuel Zbinden (hinten, 3. v. l.) bei der Übergabe der Bodeninitiative an Stadträtin Jolanda Achermann (hinten, 3. v. r.) und Stadtschreiber Bruno Peter (hinten, 4. v. l.) am vergangenen Dienstag vor der Surseer Stadtverwaltung. Foto Ana Birchler-Cruz
25.04.2018

Erfolgreich gesammelt: Grüne Sursee reichen Bodeninitiative ein

504 Unterschriften haben die Grünen Sursee für die Bodeninitiative gesammelt – 200 mehr als benötigt. Die politische Diskussion um das Baurecht ist jetzt lanciert

Am Dienstagabend übergab Grünen-Präsident Samuel Zbinden die Unterschriften an Stadträtin Jolanda Achermann und Stadtschreiber Bruno Peter. Mit der Initiative fordert die Partei den Stadtrat auf, eine nachhaltige Bodenpolitik zu verfolgen und Land in Gemeindebesitz künftig nur noch im Baurecht abzugeben (siehe Kasten).


Was die Grünen in Sursee fordern, hat andernorts bereits Schule gemacht, so zum Beispiel in Zürich. Dort vergibt die Stadt ihr Land seit Längerem praktisch ausschliesslich im Baurecht. Das Baurecht ist aber auch in Sursee keine Unbekannte. Als bedeutendste Land- und Waldbesitzerin der Stadt Sursee ist es die Korporation, welche die Strategie des Baurechts und damit der Substanzerhaltung schon seit Jahren verfolgt – und damit gut gefahren ist, wie Korporationspräsidentin Sabine Beck sagt.
Von den Vorbehalten gegenüber dem Baurecht – dass dieses zum Beispiel bei der Ansiedlung von Unternehmen hinderlich sei – hat Beck gehört, hält aber fest: «Es hat ein Umdenken stattgefunden, die Akzeptanz des Baurechts bei Firmen hat sich in den vergangenen Jahren verbessert.» Bei der Landabgabe im Baurecht seien beide Seiten, Baurechtgeber und -nehmer, auf eine gute und langfristige Zusammenarbeit angewiesen. Umso wichtiger sei es, Einzelheiten wie den Heimfall des Grundstücks nach Ablauf des Baurechtsvertrags gut zu regeln.

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Grundsätzlich gegen den Verkauf von Land spricht sich Beck hingegen nicht aus. Entscheidend sei dann jedoch, dass Realersatz geschaffen werden kann. Denn: Je nach Art der Liegenschaft, die auf dem Grundstück errichtet werden soll, könne ein Verkauf durchaus Sinn machen. Insbesondere, wenn es sich um sehr spezifische, industrielle Bauten handelt, die später keiner anderen Nutzung zugeführt werden können.

Lieber Kauf als Baurecht
Mehr Skepsis schlägt dem Baurecht vonseiten der Wohnbaugenossenschaften entgegen. Habe man die Wahl, bevorzuge man stets den Landkauf, ist bei der Wohnbaugenossenschaft für die Familie Sursee (WBG) und der Habitas Wohnbaugenossenschaft Region Sursee zu vernehmen. «Die WBG distanziert sich vom Grundsatz des Baurechts, gerade auch im Hinblick auf das Projekt Neufeld, wo dereinst preisgünstige Wohnungen entstehen sollen», sagt Präsident Radi Kaufmann. Nur wenn die WBG Land kaufe, könne sie langfristig sicherstellen, dass sie preisgünstige Wohnungen vermieten könne. Dies, weil der Baurechtzins in Abhängigkeit von Hypothekarzins und Landpreis oft Schwankungen unterliege.


Otto Vonarburg, Vizepräsident der Wohnbaugenossenschaft Habitas, betont, dass man primär am Landkauf interessiert sei. Indes bringt er Verständnis für beide Optionen auf: «Besteht die Möglichkeit des Kaufs eines für uns interessanten Grundstücks nicht, würden wir auch im Baurecht bauen, sofern die Bedingungen akzeptabel sind», so Von­arburg. Die 76 Wohnungen der Wohnbaugenossenschaft befinden sich mehrheitlich in deren Eigentum, obschon sie früher auch zwei Grundstücke im Baurecht bebaut hat. «Es ist verständlich, wenn die öffentliche Hand heute ihre Grundstücke nicht mehr verkaufen will, sondern im Baurecht abgibt. », so Vonarburg. Weniger attraktiv sei hingegen der Landkauf zu den heutigen Marktpreisen, denn dadurch liessen sich in der Folge keine preisgünstigen Wohnungen mehr erstellen.


Zentrumsentwickler André Marti hat die Diskussion um das Baurecht verfolgt. Er stellt zwar eine Zurückhaltung bei Unternehmen fest, wenn es darum geht, Land im Baurecht zu erwerben. «Objektiv zu begründen ist der Vorbehalt jedoch selten», so Marti. «Das Baurecht ist Verhandlungssache. Es bringt in der Regel weder höhere Kosten mit sich, noch ist es unflexibler als ein allfälliger Landkauf.

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Die Alternative zum Landkauf

Die Landreserven der Gemeinden werden knapper. Um ihr «Tafelsilber» nicht verkaufen zu müssen, beginnen immer mehr Gemeinden, ihr Land im Baurecht abzugeben.

Die Vergabe von Land im Baurecht stellt eine Alternative zum klassischen Landkauf/-verkauf dar. Durch das Baurecht erteilt der Grundeigentümer dem Baurechtnehmer das Recht, sein Grundstück zu bebauen und während mehrerer Jahrzehnte und zu einem vorab definierten Baurechtszins zu bewirtschaften. Läuft der Baurechtsvertrag aus, geht die Liegenschaft in den Besitz des Grundeigentümers über. Im Gegenzug erhält der Baurechtnehmer eine sogenannte Heimfallentschädigung.
Das Bundesamt für Wohnungswesen BWO geht in seinem Schlussbericht «Baurecht unter der Lupe» (2017) davon aus, dass das Baurecht künftig noch stärker an Bedeutung gewinnen wird. Als Grund führt das BWO ins Feld, dass die öffentliche Hand via Baurecht eine aktive Bodenpolitik betreiben und diese aus sozialpolitischen, raumplanerischen oder wirtschaftspolitischen Überlegungen mitgestalten kann. Hinzu komme, dass Baurechtsgrundstücke eine Rendite abwerfen würden, die im aktuellen Zinsumfeld attraktiv seien. Und: «Auf der Investorenseite besteht gleichzeitig ein geringerer Kapitalbedarf, weil das Land nicht durch Kauf erworben werden muss», so der Bericht weiter.

Adäquate Heimfallentschädigung
Das Baurecht birgt indes auch Risiken. So ist der Baurechtnehmer da­rauf angewiesen, dass sich der Nutzermarkt, sprich der Mietzins, zu seinen Gunsten entwickelt und die Leerstandsquote tief bleibt, damit die Liegenschaft Rendite abwirft. Auf der anderen Seite trägt der Grundeigentümer das Risiko einer negativen Landwertentwicklung. Auch die Höhe der Heimfallentschädigung ist entscheidend. Fällt diese zu tief aus, hat der Baurechtnehmer wenig Interesse, die Liegenschaft gegen Ende des Baurechtsvertrags zu sanieren. Ist sie zu hoch angesetzt, saniert er unter Umständen zu teuer.
Wie das Bundesamt aufzeigt, erfreut sich das Baurecht vor allem bei Gemeinden in Agglomerationsgegenden und mit Baulandreserven grosser Beliebtheit. Rund die Hälfte aller Baurechte werden demnach von der öffentlichen Hand vergeben, während zwei Drittel der Baurechtnehmer Aktiengesellschaften sind.

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