Mit Drohnen lassen sich die Schönheiten der Natur aus der Vogelperspektive einfangen. Über Wohnquartieren sind sie jedoch nicht gerne gesehen. (Foto: fz)
Mit Drohnen lassen sich die Schönheiten der Natur aus der Vogelperspektive einfangen. Über Wohnquartieren sind sie jedoch nicht gerne gesehen. (Foto: fz)
20.06.2018

«Ich fühlte mich regelrecht ausspioniert»

Lösten Drohnen vor einigen Jahren noch als kleine Wunder der Technik Faszination aus, stören sich heute viele an ihnen. Besonders wenn sie über Privatgrund fliegen, verstehen die Betroffenen meist keinen Spass.

Ein lauer Sonntagabend in einem Surseer Quartier unweit des Spitals. Eine Anwohnerin* hat es sich zuhause gerade gemütlich gemacht, als eine Nachbarin an der Tür klingelt. Eine Drohne fliege ständig tief über die Häuser hinweg, informiert sie ihre Kollegin. Und tatsächlich: Als die beiden in den Garten gehen, kreist dort noch immer eine Drohne über den Dächern. Auch eine Kamera ist zu erkennen. «Sie flog nur wenige Meter über den Häusern und teilweise sogar zwischen diesen hindurch», erklärt die Anwohnerin, die anonym bleiben möchte. Während einer halben Stunde sei die Drohne immer wieder über dem Quartier gesichtet worden. Vom Piloten indes fehlte jede Spur.
Sie habe nichts gegen Drohnen, solange sie die Leute nicht derart belästigen   würden, sagt die betroffene Quartierbewohnerin. «Was mich und meine Nachbarn besonders störte, war das unangenehme Gefühl, nicht zu wissen, wer da geflogen ist und für welche Zwecke die Aufnahmen erstellt worden sind. Dies auch, zumal in unserem Quartier in jüngster Vergangenheit des Öfteren eingebrochen wurde. Ich fühlte mich regelrecht ausspioniert.»

Persönlichkeitsschutz wahren
Laut Kurt Graf, Mediensprecher der Luzerner Polizei, haben sich die Anfragen von verunsicherten Personen gehäuft. Er weist darauf hin, dass Drohnenpiloten sich straffällig machen, wenn sie die Vorschriften des Bundesamts für Zivilluftfahrt (Bazl) missachten und beispielsweise in Flugverbotszonen um Flugplätze oder über Menschenansammlungen fliegen. Ein anderer Aspekt sei der Persönlichkeitsschutz: «Wer Aufnahmen anfertigt, auf denen beispielsweise Gesichter ohne Einwilligung der betroffenen Personen erkennbar sind, kann dies den Persönlichkeitsschutz tangieren.» Dabei spiele es keine Rolle, ob ein Fotoapparat am Boden oder an einer Drohne in der Luft zum Einsatz komme. Graf betont aber, auf die Verhältnismässigkeit zu achten. Es ist erlaubt, im öffentlichen Raum, zum Beispiel auf einer belebten Strasse in der Stadt Luzern, Fotos zu schiessen, auf denen Personen zufällig im Bild stünden.

Gespräch mit Piloten suchen
Graf empfiehlt verunsicherten Personen, zunächst das Gespräch mit dem Drohnenpiloten zu suchen, sofern dieser ausfindig gemacht werden könne, und den Zweck der Aufnahmen zu erfragen. Von Versuchen, Drohnen auf eigene Faust einzufangen, rät er indes ab. «Dies kann dazu führen, dass der Betroffene am Schluss selbst straffällig wird.» Besser sei es, den nächstgelegenen Polizeiposten zu kontaktieren. «Besteht der Verdacht, dass eine Tat im strafrechtlichen Bereich vorliegt, kann die Polizei die Drohne beschlagnahmen.»

Rücksicht nehmen – auch auf Tiere
Das Ereignis im Spitalgebiet von Sursee ist kein Einzelfall. Der Verkauf von Drohnen hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen, und gerade an schönen Tagen befinden sich viele dieser mit Kameras ausgestatteten Objekte in der Luft. Doch nicht alle Drohnenpiloten fliegen über Wohnquartiere hinweg. Und dies aus gutem Grund, wie Drohnenpilot Markus Fuchs erklärt: «Auch wenn das Bundesamt für Zivilluftfahrt das Überfliegen eines Quartiers mit einer Drohne unter 30 Kilogramm und auf Sichtkontakt grundsätzlich nicht verbietet, verzichte ich darauf. Zum einen, weil ich die Privatsphäre der Bewohner respektiere, und zum anderen weiss ich selber, wie störend der Vorbeiflug sein kann.» Als Drohnenpilot bewege man sich in solchen Fällen meist in einer eher heiklen gesetzlichen Grauzone, weswegen er allfällige Auseinandersetzungen zum vornherein vermeiden wolle. Zudem schaue er, dass er für Passanten als Pilot sichtbar sei: «Wenn die Leute meine Drohne sehen, sollen sie wenn immer möglich auch mich sehen.»

Gespür für das Umfeld haben
In seiner Freizeit fotografiert und filmt Fuchs vor allem Landschaften. Seine Drohne startet und landet er viel auf weiten, übersichtlichen Flächen – und achtet dabei nicht nur auf Menschen: «Auch auf Tiere aller Art muss man als Drohnenpilot unbedingt Rücksicht nehmen», betont der Geuenseer. Wie bei jedem anderen Hobby, das eine gewisse Exponierung mit sich bringe, müsse man ein Gespür für sein Umfeld haben, sagt Fuchs. «Gerade das Steuern einer Drohne ist mit ziemlich viel Verantwortung verbunden. Eine Drohne ist kein Spielzeug.» Deswegen verstehe er die Diskussion über die Einführung eines Tests, den Drohnenpiloten künftig absolvieren sollen, wenn er auch selber nicht begeistert davon sei.

Zu Recht kritischer geworden
Als er vor etwa sieben Jahren mit dem Drohnenfliegen begann, hätten Passanten sich noch interessiert an seinem Hobby gezeigt. Die Faszination ob diesem kleinen Wunder der Technik sei gross gewesen. Doch das habe sich inzwischen geändert: «Die Leute sind kritischer geworden – und dies auch zu Recht. Schade ist nur, wenn der schlechte Ruf auch jene ereilt, die ihrem Hobby mit viel Leidenschaft frönen und sich dabei an die Spielregeln halten.»

* Name der Redaktion bekannt


Die wichtigsten Regeln im Überblick

Drohnen bis zu einem Gewicht von 30 Kilogramm dürfen grundsätzlich ohne Bewilligung eingesetzt werden. Voraussetzung ist, dass der Pilot jederzeit Sichtkontakt zu seiner Drohne hat. Für Drohnen mit einem Gewicht von über 30 Kilogramm ist eine Bewilligung des Bazl notwendig.
An bestimmten Orten ist der Einsatz von Drohnen Einschränkungen unterworfen bzw. ganz untersagt. So dürfen im Umkreis von fünf Kilometern um zivile und militärische Flugplätze ohne Bewilligung durch den Flugplatzleiter oder die Flugsicherung Skguide keine Modellflugzeuge oder Drohnen eingesetzt werden (siehe Karte unten). Über Menschenansammlungen bzw. im Umkreis von 100 Metern von Menschenansammlungen dürfen Drohnen ohne Bewilligung grundsätzlich nicht zum Einsatz kommen, schreibt das Bazl. Zudem muss, wer eine Drohne oder ein Flugmodell mit mehr als 500 Gramm Gewicht betreibt, für allfällige Schäden eine Haftpflichtdeckung im Umfang von mindestens einer Million Franken gewährleisten.

Nicht zuständig ist das Bazl für privatrechtliche und datenschutzrechtliche Fragestellungen in Zusammenhang mit Drohnen. Darunter fallen beispielsweise Ruhestörung, unerwünschte Filmaufnahmen, Schutz der Privatsphäre. Doch auch hier gilt es, sich an die Vorschriften zu halten. Wenn eine private Person Foto- oder Filmaufnahmen von einer Drohne aus macht, müssen zum Schutz der Persönlichkeit die Bestimmungen des Datenschutzgesetzes eingehalten werden. So darf beispielsweise das Überfliegen eines privaten Gartens nur in Kenntnis und mit Einwilligung des Eigentümers bzw. des Mieters sowie derjenigen Personen, die sich gerade auf dem Grundstück befinden, erfolgen.

Wie Nicole Räz, Pressesprecherin des Bazl, erklärt, werde derzeit auf europäischer Ebene an der Drohnenregulierung gearbeitet. Diese gelte dann auch in der Schweiz. So sei es möglich, dass Drohnenpiloten künftig online einen Test absolvieren, um sich mit den Regeln vertraut zu machen. Zum jetzigen Zeitpunkt sei noch nicht klar, wann dieser komme und in welchem Rahmen er sich bewegen werde.

aaa

 

 

bbb

 

Rot: Zone mit Flugverbot um die Flugplätze Triengen und Beromünster (5 km Pistenabstand). Blau: Zone mit eingeschränktem Flugverbot (nicht höher als 150 m über Grund). Ein Flugverbot gilt auch in der gelben Zone (Schutzgebiet für Wildtiere). (Karte: Swisstopo, Bazl)

 

Detaillierte Informationen und weiterführende Links finden sich unter www.bazl.admin.ch/bazl/de/home/gutzuwissen/drohnen-und-flugmodelle.html


Schon gelesen?

Anzeigen

Zum E-Paper

Lesen Sie unser wöchentlich erscheinendes E-Paper und tauchen Sie ein in spannende Reportagen, Politkrimis und erfahren Sie das Neuste aus Ihrer Gemeinde.

zum ePaper

Meistgelesen

Instagram