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11.04.2018

Monika Estermann und Robert Spengeler tourten um die Welt

Mit zwei Velos, je 70 kg Gepäck und viel Neugier fuhren Monika Estermann und Robert Spengeler nach Indien. Nach einem Jahr beschlossen sie, ihre Reise rund um den Globus fortzuführen. Asien, Amerika, Afrika und die Alpen folgten. 13 Jahre lang waren die beiden Globetrotter unterwegs.

«Es braucht ein Reisegen», sagt Monika Estermann, die derzeit mit ihrem Lebenspartner Robert Spengeler bei ihrer Mutter in Sursee wohnt. 1995 blätterte die in Rickenbach aufgewachsene 47-Jährige in einem Reisemagazin, entdeckte den Reisebericht von Heidi Triet und wurde von ihr inspiriert. Inzwischen lernte sie Robert Spengeler kennen und lieben. Drei Jahre lang sparten sie Geld zusammen und am 16. Mai 2004 starteten sie ihr Abenteuer namens velocos. «In diesem Wort sind Velo und locos – spanisch für verrückt – beinhaltet», sagt Robert Spengeler. Los gings – getrieben von Neugier, reduziert aufs Einfache. «Wir gewöhnten uns daran, mit wenig auszukommen.»



Am Anfang stand Ayurveda
Ayurveda, die traditionelle indische Heilkunst, lockte die beiden zuerst auf den Subkontinent. «Schon der Start war eine grosse Herausforderung, denn die schwer beladenen Velos sind kaum lenkbar und die ersten Hügel bereits eine grosse Hürde», erzählt Monika Estermann. In Österreich wurden sie gefragt, wohin sie fahren wollen. Die Antwort erschreckte die Österreicher in Anbetracht der schwer beladenen Velos mit je 70 kg. «Wir sind keine Sportskanonen», ergänzt sie und weist gleichzeitig auf den Titel des 13 Jahre dauernden Abenteuers hin: «Langsame Reise.»
In Pakistan bekundeten die Leute mit ihnen ihr Beileid: Papst Johannes Paul II war gerade verstorben. «Für die Pakistani ist es das schlimmste nicht zu glauben», fasst Robert Spengeler zusammen. Ein junger Journalist habe ihnen das Land erklärt: «Wir haben nichts, aber die Atombombe.»
Eine kleine Jacht brachte sie über den Indischen Ozean nach Malaysia. Über Südostasien, China und Japan gelangten sie nach Südkorea. Im Bauch eines riesigen Containerschiffes überquerten die Fahrräder und die beiden Fahrer in zwei Wochen den Pazifik. Mexiko begrüsste sie. In Alaska orientierte sie ein LKW-Fahrer, er müsse ans andere Ende der Welt und meinte die Ost Küste Kanadas. «Das ist ihre Welt», führt Robert Spengeler aus. Weil ihnen das Geld langsam ausgegangen ist, ernten sie auf einer Farm Obst und Gemüse und renovierten Häuser.

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USA und Iran sind gastfreundlich
In den USA und im Iran trafen die Beiden auf die gastfreundlichsten Menschen auf ihrer Reise durch 64 Länder mit 101024 Kilometern, drei Ozeanüberquerungen, 22’000 nautischen Meilen (40’000 km) auf Schiffen und 150’000 Fotos. Ein junger Mann telefonierte mit seiner Mutter und fragte, ob sie zu Hause Platz hätten für die beiden Schweizer. Sie sähen nicht so aus wie Massenmörder, informierte er seine Mutter. Ein Bett und frisch Gekochtes gab es inklusive. «Im Iran kam zu unserer Begrüssung das ganze Dorf zusammen.» Von der Reise in den Anden sind Monika Estermann die vielen wilden Hunde in Erinnerung geblieben. «Wir setzten Bärenspray gegen sie ein, weil sie sonst in unser Gepäck und unsere Beine gebissen hätten.»
Bären sind ihnen auch in Alaska und Kanada begegnet und seien ihnen um das Zelt marschiert. Natürlich fehlte Patagonien, die Südspitze Südamerikas, nicht. In Brasilien verstauten sie ihre Velos in ein 350 Meter langes Containerschiff und nahmen es nach zehn Tagen in Südafrika wieder raus.

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Mit Süssigkeiten gewonnen
In Uganda bremste sie eine Autokolonne. Als eine Polizistin einen LKW-Fahrer aufforderte, auszusteigen, und er diesem Wunsch nicht entsprach, schoss sie zuerst in die Luft und nachher in den Pneu. «Wir bekamens mit der Angst. Wahrscheinlich war der LKW-Fahrer ein Schmuggler», erzählt Monika Estermann. Im Grenzgebiet von Kenia zu Äthiopien rannten ihnen vier Turkanos entgegen, erreichten sie, bauten sich vor ihnen auf und einer hielt ihnen die Hand entgegen. «Ich bedeutete ihm, dass wir nichts hätten, und gab ihm einen Sack voller Süssigkeiten. Er lachte und gab zu verstehen, dass er kein Kind sei.» Eine herzliche Begegnung entwickelte sich daraus. «Man sieht den Menschen an, was sie sagen wollen, ohne die Sprache verstehen zu können», hat sie erfahren.
Danach neigte sich die Reise dem Ende entgegen. Über das Niltal gelangten sie nach Jerusalem, wo sie am Hafen ein Frachtschiff nach Italien nahmen. Nach Abstechern nach Grie-
chenland und dem Balkan überquerten sie die französisch-italienischen Alpen und kehrten im Jura im Spätherbst 2017 in die Heimat zurück.
Im Gespräch halten beide fest: «Auf einer solchen Reise wird man erfinderisch.» Ohne die vielen hilfsbereiten Menschen sei eine solche Reise unmöglich. Überlebt haben die hunderttausend Kilometer und 13 Jahre die robusten Aarios-Fahrräder aus Gretzenbach. Täglich waren sie rund sieben Stunden gefordert. «Wir brauchten zirka 20 Pneus fürs Hinterrad und zehn fürs Vorderrad», schätzt Robert Spengeler. Nach zehn Jahren läuft jeder Pass ab. In Ecuador auf der Botschaft haben sie einen neuen ausstellen lassen. «Das klappte super», so Estermann.


Gesättigt von Erlebnissen
Momentan weiss das Velopaar nicht, was ihm die Zukunft bringt. «Wir planen nicht so weit», meint Spengeler. Möglich sei, dass ein Sommer auf einer Alp folge. «Meine Eltern sind nicht mehr die jüngsten», erklärt er einen der Gründe, warum die Reise beendet ist. Monika Estermann sagt es so: «Irgend einmal hat man genug und ist voll von Erlebnissen.» Vorstellbar sei, dass sie ein Guesthouse mit Camping führen. So würden sie der Reiserei treu bleiben.

Wer mehr über die langsame Reise von Monika Estermann und Robert Spengeler erfahren möchte: Am Samstag, 21. April, ab 19 Uhr, erzählen zeigen sie im Pfarreiheim Sursee, Dägersteinstrasse 1, ihre unterhaltsame Multimedia Präsentation  spannende Anekdoten. Eintritt frei – Kollekte erwünscht.


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