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Pflege: Mit Applaus ist es noch lange nicht getan

24. März 2021

Die SP Schweiz veranstaltete am Montag einen digitalen Pflegegipfel. Pflegefachpersonen, Politiker und Gewerkschafter diskutierten über die dringend nötigen Massnahmen zur Stärkung der Pflege.

Die Emotionen standen den Podiumsteilnehmern ins Gesicht geschrieben. Wut, Enttäuschung und Frust über die nach wie vor ungenügenden Arbeitsbedingungen der Pflegenden. Über die fehlende Zeit am Patientenbett, den tiefen Lohn, die vielen Berufsaussteiger. Aber auch Entschiedenheit war abzulesen, darüber den Kampf für eine starke Pflege unnachgiebig weiterzuführen.

Die SP Schweiz nahm sich ein Jahr Corona-Pandemie zum Anlass, einen Pflegegipfel zu veranstalten. Fachleute aus verschiedenen Bereichen der Pflege, Gewerkschaftsmitglieder und Politiker diskutierten gemeinsam über die dringendsten Probleme der Pflege und die möglichen Massnahmen. Da-runter Sara Muff, Kantonsrätin LU und Pflegefachfrau am SPZ Nottwil, Barbara Gysi, Nationalrätin SG und Vize-Präsidentin SP Schweiz, und Beatriz Rosende, Zentralsekretärin VPOD, die Gewerkschaft des Service public. Moderiert wurde die Veranstaltung von Andi Daurù, Kantonsrat ZH, dipl. Pflegefachmann.

Weniger Spardruck

Gründe für die Unzufriedenheit vieler Pflegender sind unter anderem die zunehmende Effizienzsteigerung im Berufsalltag, Schichtarbeit und eine hohe Arbeitsbelastung. Dazu kommen eine schwierige Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie tiefe Entlöhnung. 2400 Pflegepersonen steigen pro Jahr aus dem Beruf aus, erzählte Kantonsrätin Sara Muff. Ein Drittel davon noch vor dem 35. Lebensjahr. Berechnungen zufolge fehlen dem Gesundheitswesen bis 2030 um die 65’000,Pflegepersonen. «Die Pflege ist kein Luxusprodukt, sondern ein fundamentaler gesellschaftlicher Wert. Es würde doch auf der Hand liegen, dass dieser Sektor keinen Profit abwerfen müsste. Aber es sieht anders aus. Die Ökonomisierung im Spitalalltag schreitet schnell voran.» Patientenbetten müssten stets ausgelastet sein, gleichzeitig werde bei der Pflege gespart.

«Die Pflege ist kein Luxusprodukt, sondern ein fundamentaler gesellschaftlicher Wert.»
Sara Muff, Kantonsrätin LU und Pflegefachperson im SPZ Nottwil

Die Ökonomisierung der Pflege scheint auch für die anderen Podiumsteilnehmer Hauptursache des Pflegenotstands zu sein. So meinte Beatriz Rosende, Zentralsekretärin des VOPD: «Wir haben ein Gesundheitssystem, dass seit Jahren durch den finanziellen Fleischwolf gedreht wird.» Es werde Zeit, ein Gesundheitssystem, das sich um die Qualität der Pflege, die Gesundheit des Personals und die Sicherheit der Patienten foutiere, wieder in den Senkel zu stellen.

   (Tabelle KUL)

Mehr Arbeitskontrollen

Möglichkeiten zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen sieht Beatriz Rosende unter anderem in Gesamtarbeitsverträgen (GAV). Was im Arbeitsgesetz nur ungenügend geregelt ist, kann im GAV aufgenommen und durchgesetzt werden. Weiter brauche es mehr Arbeitskontrolleure und Inspektoren, welche die Einhaltung des Arbeitsgesetzes kontrollierten. «Es gibt keinen Grund, dass man Pflegende gewissermassen dem Wildwuchs irgendwelcher Arbeitgeber überlässt», so Rosende.

Eine weitere Stossrichtung sieht der VPOD darin, öffentliche Finanzspritzen mit dem Verbot von Dividendenauszahlungen zu verknüpfen. Es gehe nicht, dass ein Sektor, der steuergestützt und von Prämien finanziert sei, Dividenden auszahle. Es gehe um die Versorgung der Menschen und nicht darum, aus dem Gesundheitssystem Profit herauszupressen.

Info

Aktueller Stand der Pflegeinitiative

Mit der Pflegeinitiative stellte der Schweizer Berufsverband der Pflegefachfrauen und Pflegefachmänner (SBK) 2017 vier Forderungen auf: eine Ausbildungsoffensive, Massnahmen, damit Pflegende im Beruf bleiben, bessere Arbeitsbedingungen und mehr Kompetenzen für ausgebildetes Fachpersonal (diese Zeitung berichtete).

Zwei dieser Forderungen wurden vom Parlament aufgenommen und in sind in den indirekten Gegenvorschlag eingeflossen. Zum einen will das Parlament Massnahmen ergreifen, um mehr diplomierte Fachpersonen auszubilden. Zum anderen sollen mit dem Gegenvorschlag bestimmte Pflegeleistungen direkt, ohne ärztliche Anordnung, von den Krankenkassen bezahlt werden. Voraussetzung dafür ist ein Vertrag zwischen den Verbänden der Leistungserbringern und jenen der Versicherer.

Das Parlament hat den indirekten Gegenvorschlag am 19. März verabschiedet. Laut einer Mitteilung des SBK werde das Initiativkomitee im Juni darüber befinden, ob es an der Pflegeinitiative festhält oder sie zurückzieht. Zuvor müsse noch der Ständerat in der Sommersession über die Pflegeinitiative entscheiden. 

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