06.05.2020

«Eine Fusion könnte Optionen bieten»

von Thomas Stillhart

Gerhard Pfister und Martin Landalt nähern sich mit ihren Parteien einander an. Gründen CVP und BDP eine neue Partei? Was sagt der Luzerner CVP-Chef Christian Ineichen dazu? 

Die nationalen CVP- und BDP-Präsidenten nähern sich wieder an. Was halten Sie als Kantonalpräsident der CVP davon?

Für mich ist das derzeit nicht zuoberst auf der Traktandenliste. Grundsätzlich befürwortete ich aber die Diskussion über eine Annäherung, weil wir uns thematisch nahe stehen: Aktuell bilden CVP und BDP (zusammen mit der EVP) in Bern eine Fraktionsgemeinschaft, was eine gegenüber früher nähere Zusammenarbeit mit sich bringt. Aber auch geographisch könnten wir uns gut ergänzen: Während die CVP ausserhalb ihrer Stammlande traditionellerweise schwächelt, konnten die anderen beiden Parteien in eben diesen nie richtig Fuss fassen. Eine Fusion könnte aus dieser Optik also Optionen bieten. Sollten also beide Parteien – eventuell sogar ja auch noch die EVP – zur Erkenntnis gelangen, dass die heutige Zusammenarbeit in Richtung Fusion vorangetrieben werden soll, wäre wohl auch ein neuer Parteiname zu bestimmen.

Bereits kursieren mögliche neue Parteinamen – auch für die CVP alleine. Zentrum, Mitte oder Union?

Obwohl ich mich dieser Frage nicht verschliesse, äussere ich mich dazu noch nicht, weil ich die Meinungsbildung an der Parteibasis nicht beeinflussen möchte.

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In welche Richtung könnte dann ein neuer Name gehen?

Ein allfälliger neuer Parteiname muss auf einer fundierten Analyse basieren. Zudem müsste er sich meiner Meinung nach an den Bedürfnissen der jüngeren Generation orientieren.

Was brächte im Kanton Luzern eine Fusion mit der BDP?

Die Luzerner BDP ist weniger wegen ihrer Themen, sondern viel eher wegen ihrer mittlerweile verschwundenen Exponenten praktisch inexistent. Mit einem Wähleranteil von weniger als 1 Prozent spielt die BDP im Kanton Luzern keine Rolle. Interessant wäre ein Zusammengehen für alle beteiligten Parteien allerdings aus gesamtschweizerischen Betrachtungen.

Welche Werte teilt die CVP mit der BDP?

Beide Parteien sind als Mitteparteien grundsätzlich an Lösungen interessiert und vermitteln zu diesem Zweck zwischen den sich oft unversöhnlich entgegenstehenden Polen. Wichtig ist, dass wir uns bei einem allfälligen Zusammenschluss auf gemeinsame Themen einigen und sie dann auch einhalten. Die aktuell in Bern bestehende Fraktionsgemeinschaft ist diesem Ziel sicherlich nicht abträglich.

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BDP-Präsident Martin Landolt brachte am Wochenende auch noch die GLP und die EVP als mögliche Fusionspartner ins Spiel. Wie stehen Sie dazu?

Die EVP hält in meiner Wahrnehmung fundamentaler an ihrem E fest, als wir an unserem C. Sie bildet aber im eidgenössischen Parlament in einer Fraktionsgemeinschaft mit der CVP und der BDP, was grundsätzlich eine gute Voraussetzung ist. Bei der GLP sehe ich momentan realistischerweise keine gemeinsame Zukunft: Sie ist wohl zu fest etabliert und im Hoch. Hinzu kommt, dass sich die GLP unterschiedlich positioniert: In einzelnen Kantonen gehört sie zur konstruktiven Mitte, in anderen ist sie ganz klar links. Dass wir aber mit allen «mitte-nahen» Parteien reden, gehört dazu.

Wäre der Weg der Schwesterpartei ÖVP in Österreich für Sie eine Alternative zur Fusion?

Aufgrund der unterschiedlichen politischen Systeme, ist das nicht möglich. Österreich kennt das Regierungs- und Oppositionssystem, welches mit Spitzenkandidaten funktioniert. Aktuell fokussiert sich in der ÖVP alles auf Kanzler Kurz. Er ist die Partei. Die Schweiz pflegt das Konkordanzsystem. In diesem steht das Zusammenspiel und der Ausgleich unter den politischen Kräften, nicht offensiver Personenkult, im Zentrum. Einzig die SVP lässt sich ihr politisches Agieren seit Jahren von einer einzigen Person diktieren.

Und wäre das geänderte Image der ÖVP von schwarz auf türkis ein Rezept?

Auch das lehne ich ab, denn das ist doch nur neuer Wein in alten Schläuchen. Ihre Stärke basiert auf Krisen: Kurz präsentiert sich als (einziger) Retter in der Flüchtlings-, Klima- oder Coronakrise. Je nach Stimmung kann türkis auch ganz rasch wieder weg vom Fenster sein.

Der Walliser Ständerat Beat Rieder brachte das Modell der Union mit CDU und CSU ins Spiel.

Das wäre eine interessante Kooperationsform, doch verhält es sich bei uns anders: Dass sowohl CDU/CSU als auch CVP ursprünglich dem christlich-konservativen Milieu entstammen, trifft zumindest auf BDP und GLP nicht zu. Deswegen ist eine solche «Union» mit Vorsicht zu betrachten.


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