Der Bootsfahrlehrer Livio Arnold chauffierte die beiden Gemeindepräsidenten Ernst Roth (links) und Patrick Ineichen zur Gemeindegrenze von Oberkirch und Schenkon – nämlich mitten auf dem Sempachersee. (Foto: Livia Kurmann)
Der Bootsfahrlehrer Livio Arnold chauffierte die beiden Gemeindepräsidenten Ernst Roth (links) und Patrick Ineichen zur Gemeindegrenze von Oberkirch und Schenkon – nämlich mitten auf dem Sempachersee. (Foto: Livia Kurmann)
18.07.2018

Ernst Roth und Patrick Ineichen: Zusammen sind sie 20 Jahre Gemeindepräsidenten

Patrick Ineichen ist seit 10 Jahren, Ernst Roth bereits seit 14 Jahren im Gemeinderat. Die Gemeindepräsidenten blicken zurück auf ihre Amtsjahre und wagen einen (Aus-)blick in die Kristallkugel.

Ernst Roth, wie fühlen Sie sich nach zehn Jahren als Gemeindepräsident von Oberkirch?
Ich fühle mich noch immer gut und motiviert. Wir haben viele gute Projekte, wo wir mittendrin stehen oder die jetzt anlaufen. Die Stimmung ist gut.

Und wie sieht die Gemütslage bei Ihnen aus, Patrick Ineichen?
Diese ist nicht mehr ganz wie am Anfang. Die Euphorie bei gewissen Themen ist abgeflacht. Aber auf Gemeindebasis geht es mir sehr gut. Wenn ich die Gemeindejahre Revue passieren lasse, durften wir viel bewegen in verschiedenen Gebieten. Es ist schön, dass wir als Gemeinderat keinen Antrag an der Gemeindeversammlung verloren haben. Das ist ein Zeichen, dass die Geschäfte vernünftig und gut vorbereitet sind.

Welches waren die Höhepunkte Ihrer Amtszeit?
Patrick Ineichen: Wie das Leben so spielt: Es gab viel Freudvolles, aber auch schwierige Momente. Wohnen für junge Familien ist in der Realisierung. Wir konnten x Bauprojekte anstossen. Ich denke an das Projekt Burg mit seiner 2000-Watt-Gesellschaft. Den neuen Dorfplatz mit dem neuen Restaurant Ox’n oder das Zellfeldprojekt. Wir durften Alterswohnungen realisieren. Am 24. September 2017 wurde die Turnhalle mit einem grossen Mehr angenommen. Das grösste Projekt, das in Schenkon an der Urne durchgebracht wurde. Es gab aber auch schwierige Momente, wie die Todesfälle von Theo Bättig und Robi Kaufmann. Da sieht man wieder, wie Freud und Leid sich widerspiegeln.

Ernst Roth: Höhepunkt war die Zonenplanrevision 2010. Dort brauchte es einen Haufen Vorarbeit, bis es zur Abstimmung kommen konnte. Als es dann angenommen wurde, war das ein massiver Höhepunkt. Man denkt, jetzt wird es ruhiger, aber das täuscht. Es kommen gleich die nächsten Aufgaben. Beispielsweise die Schulanlage mit Sporthalle, die ein Generationenprojekt ist.
 
Oberkirch ist in den vergangenen Jahren durch seine rasante bauliche Entwicklung aufgefallen. Haben Sie diese Entwicklung gezielt forciert oder wurden Sie von ihr auch etwas überrumpelt?
Ernst Roth: Es muss ein regionales Anliegen sein. Wir reden immer vom zweiten Zentrum. Sursee alleine kann das aber nicht. Sursee, Schenkon, Oberkirch und die anderen Gemeinden müssen dieses Wachstum bewerkstelligen. Nehmen wir zum Beispiel das Gebiet Haselwarte. Das ist Teil des Entwicklungsschwerpunktes Bahnhof Sursee. Eine regionale Entwicklung in diesem Gebiet. Oberkirch hätte da vermutlich nicht eingezont.

In Sursee beklagt man sich mitunter, dass Oberkirch baue und baue, und den Verkehr habe dann das regionale Zentrum zu schlucken. Was sagen Sie dazu?
Ernst Roth: Das kann man als Vorwurf oder positiv beurteilen. Wenn wir unsere Raumplanung auf die Surseer Raumplanung abstimmen, dann ist das langfristig eine positive Entwicklung. Dann passt der Lebensraum zusammen. Wenn wir versuchen würden, das zu trennen und bei Sursee irgendwie im Raum zu bleiben, wäre das die schlechtere Lösung. Das Paradebeispiel ist der Businesspark, diese Entwicklung wurde stark kritisiert. Heute geht jeder mit einer Selbstverständlichkeit in den Businesspark. Das sind Entwicklungen, die gut sind, wenn die Raumplanung aufeinander abgestimmt ist. Auch das danebenliegende Parkhaus stimmt, man ist heute froh, dass es dieses gibt.


Man redet sogar von einer unterirdischen Veloanlage am Bahnhof. Würde das bedeuten, Oberkirch wäre bereit, sich finanziell zu beteiligen?
Ernst Roth: Das ist die Erwartung. Das wird auch so sein. Über die Grösse muss man dann sprechen, wenn es so weit ist.

Gab es auch «Hänger»?
Patrick Ineichen: Auf Gemeindeebene könnte ich keine Nennenswerten erwähnen. Es sind andere Fragen, die in Richtung Hänger gehen könnten. Ich bin nicht sicher, ob die direkte Demokratie mit dem Tempo der heutigen Gesellschaft noch mithalten kann. Das soll nicht negativ sein. Es ist eher eine Feststellung. Gerade wenn man in die Regionalität hineingeht, bin ich der Meinung, dass man überregional und nicht nur bilateral zwischen zwei Gemeinden, sondern wirklich auf Stufe Region – ich denke da an Sursee Plus – viel konkreter und schneller gewisse Aufgaben angehen und umsetzen sollte. Dies zu erklären und umzusetzen in einer direkten Demokratie benötigt Zeit und die erforderlichen Erklärungen.

Hat sich in den vergangenen zehn Jahren das Verhältnis zwischen der Gemeinde und den Bürgern verändert?
Patrick Ineichen: Auf Schenkon bezogen hat es sich verändert. Man braucht mehr Aktivitäten, bis man die Leute für gewisse Veranstaltungen zusammenbringt. Das beginnt bei den Vereinen. Gewisse Vereine haben Schwierigkeiten, Leute zu rekrutieren, die an einem regelmässigen Vereinsleben teilnehmen. Handkehrum stelle ich fest, das sehr viele Freizeitprojekte entstehen – beispielsweise Projektchöre – die mögen sich kaum noch wehren vor Jugendlichen, die gerne für ein begrenztes Zeitfenster mitmachen wollen. Es hapert eher bei den Sportvereinen, wo man regelmässig proben muss und ein paar Mal im Jahr einen Sondereinsatz hat.

Ernst Roth: Was ich feststelle: Die Individualisierung der Gesellschaft in allen Bereichen wird markanter. Im Bildungsbereich, indem man verschiedenste Bildungsformen in den Raum stellt und die Erwartung hat, das man diese durchsetzen kann. Und die Gemeinde sich allenfalls noch beteiligt an den Kosten.

Schenkon ist bekannt für seinen attraktiv tiefen Steuerfuss, den zweittiefsten im Kanton Luzern. Wem oder was ist dies zu verdanken?
Patrick Ineichen: Das hat mehrere Gründe. Einerseits die fantastische und zentrale Wohnlage und die Attraktivität von Sursee. Und dann darf ich feststellen, dass meine Gemeinderats-Vorgänger und insbesondere Fritz Hüsler als weitsichtiger Gemeindeschreiber und Unternehmer proaktiv unterschiedliche Ansiedlungen gesucht haben, diese angegangen sind und umgesetzt haben.

Macht das Oberkirch fast ein bisschen neidisch?
Ernst Roth: Nein. Es ist nicht das Ziel, gleich tief zu gehen. Es würde nie aufhören, wenn alle das Ziel hätten, dort runter zu kommen. Einige wenige werden es erreichen, der Rest nicht. Für uns zählt das Gesamtpaket, dass wir eine gute Infrastruktur haben. Den Steuerfuss zu halten ist anspruchsvoll, und je grösser die Gemeinde, umso schwieriger ist es. Die tiefen Steuern haben auch Nachteile. Das Dorfleben wird nicht einfacher mit Zuzügern, die in gewissen Segmenten leben. Ein aktives Dorfleben ist für uns wichtig. Das wird geschätzt und gelebt. Hinzu kommen die Wohnkosten, die entsprechend teurer werden.

Sie haben in Oberkirch auch ein paar gute Wohnlagen ...
Ernst Roth: Ja. Aber nicht so gute wie Schenkon. Da geben wir uns geschlagen (lacht). Diese Ambitionen haben wir nicht.

Patrick Ineichen: Die Aussage über das aktive Mitmachen kann ich so nicht im Raum stehen lassen. Wir wissen von vielen guten Steuerzahlern, die gut bis sehr gut im aktiven Dorfleben mitmachen. Sie decken teils politische Ämter oder Vereinsvorstände ab. Diese Aussage kann ich nicht stützen. Grundsätzlich kommt beim Neuzuzüger das Thema Steuern nicht an erster Stelle. Für Familien sind die Schulangebote wichtig. Dort haben wir ein hervorragendes Angebot vom Kindergarten bis zum Maturaabschluss in Sursee. Und die Anbindung an die Schweiz mit dem 40-Minuten-Rhythmus nach Bern lockte viele Leute von Bern her. Wir sind im Herzen der Schweiz. Wir sind schnell in Zürich, wir sind schnell im Tessin, wir sind schnell an einem Flughafen.

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Das vollständige Interview lesen Sie in der Printausgabe und dem E-Paper der «Surseer Woche» vom 19. Juli 2018.


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