Die im Gebiet Münchrüti vorgesehenen Mischzonen schickte die Gemeindeversammlung bachab. Foto Manuel Arnold
Die im Gebiet Münchrüti vorgesehenen Mischzonen schickte die Gemeindeversammlung bachab. Foto Manuel Arnold
13.03.2019

Hostettler-Gruppe sieht Standort in Gefahr

Um das künftige Wachstum aufnehmen zu können, möchte die Stadt Sursee in der revidierten Ortsplanung im Gebiet Münchrüti Mischzonen zwischen Wohnen und Arbeiten schaffen. Das macht dort ansässigen Unternehmen wie der Hostettler-Gruppe zu schaffen.

Der revidierte Zonenplan der Stadt Sursee sieht eine ganze Reihe von Umzonungen im Gebiet Münchrüti-Chlifeld vor. Dagegen erhob die Hoco Immobilien AG als Eigentümerin der Grundstücke, auf denen sich diverse Unternehmen der Hostettler-Gruppe mit ihren Lager-, Werkstatt-, Verkaufs- und Bürogebäuden befinden, Einsprache. Diese konnte in den Einspracheverhandlungen nicht erledigt werden, weshalb die ausserordentliche Gemeindeversammlung vom kommenden Montag darüber zu befinden hat. Der Einsprache kommt eine zentrale Bedeutung zu, wendet sie sich doch gegen alle Absichten, im Gebiet Münchrüti-Chlifeld Zonen mit Bebauungsplan- beziehungsweise Gestaltungsplanpflicht sowie Mischzonen zwischen Arbeiten und Wohnen zu schaffen. Betroffen davon sind unter anderen die Grundstücke Mauchle/Witschi/Hoch- + Tiefbau, wo das Projekt «Parkavenue» realisiert werden soll, das Zeughausareal und jenes der Frischfleisch AG, wo die Überbauung «Surehof» geplant ist (diese Zeitung berichtete).

Vier Millionen Franken investiert

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Die Einspracheführerin macht in der Botschaft zur Ortsplanungsrevision geltend, dass die Hostettler Holding AG im Gebiet Münchrüti insgesamt über 300 Mitarbeitende beschäftige und beabsichtige, an diesem Standort festzuhalten und diesen in Zukunft noch zu optimieren. «Für uns ist der Standort Sursee sehr wichtig. Deshalb haben wir aktuell vier Millionen Franken investiert», betont der Mitinhaber der Hostettler-Gruppe, Peter Hostettler. Er sei nicht grundsätzlich gegen Wachstum, so Hostettler weiter, aber mit den vorgesehenen Umzonungen löse man keine Probleme, sondern schaffe neue. Was dies konkret heisst, verdeutlicht der CEO der Hostettler-Gruppe, Pascal Lütolf: «Die Stadt Sursee will verdichten, ohne eine Lösung im Köcher zu haben, wie man den dadurch generierten Mehrverkehr bewältigen kann.» Dazu komme, dass die Hostettler-Gruppe für ihre Geschäftstätigkeit auf funktionierende Zufahrten zu ihren Grundstücken und die Anbindung an das übergeordnete Strassennetz angewiesen sei: «Dass im Zuge des Projekts ‘Park Avenue’ angedacht ist, die Industriestrasse für den Durchgangsverkehr zu sperren, steht diesem Bedürfnis diametral entgegen.»

Standort Sursee in Frage gestellt

Als weiteren wunden Punkt der von der Stadt vorgesehenen Umzonungen im Gebiet Münchrüti-Chlifeld führt Lütolf die Problematik der Nutzungskonflikte zwischen Wohnen und Arbeiten ins Feld: «Wohngebiete sollen vor schädlichen oder lästigen Einwirkungen wie Luftverschmutzung, Lärm und Erschütterung möglichst verschont werden. Dies ist mit einer gewerblichen Tätigkeit in unmittelbarer Nachbarschaft nicht vereinbar. Theoretisch könnte jeder Anwohner Zivilklage gegen ein störendes Unternehmen erheben.» Wie Peter Hostettler durchblicken lässt, wären bei einer Ablehnung der Einsprache der Hoco Immobilien AG durch die Stimmberechtigten der Weiterbestand des logistischen Teils der Unternehmenstätigkeit und damit der Standort Sursee der Hostettler-Gruppe als Ganzes in Frage gestellt. Bedenken hegt Lütolf zudem in Bezug auf das Prozedere, das der Stadtrat für die Behandlung der Ortsplanungsrevision angesetzt hat: «Bei zwei Abenden, die für 60 Einsprachen vorgesehen sind, stellt sich schon die Frage, ob überhaupt eine seriöse Beratung möglich ist oder ob am Schluss irgend eine Stimmung für den Entscheid der Gemeindeversammlung ausschlaggebend ist.» Der revidierten Ortsplanung als Ganzes stellt er kein gutes Zeugnis aus: «Ich bin nicht überzeugt, dass diese Vorlage so, wie sie jetzt daherkommt, die künftige Entwicklung Sursees im Sinne der Bevölkerung und des Gewerbes positiv beeinflusst.»

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Jury und Bevölkerung einig

Eine der Investorinnen, die vom Potenzial des Gebiets Münchrüti für attraktive Wohnnutzungen überzeugt sind, ist die ALB Real Estate AG, die auf dem Areal Mauchle/Witschi/Hoch- + Tiefbau auf gegen 30'000 Quadratmetern Gesamtfläche rund 500 Wohnungen errichten will. Das Siegerprojekt «Parkavenue» sieht eine Bebauung (unter anderem mit drei Hochhäusern) rund um eine grosszügige Parkanlage vor. In einem für die Schweiz einzigartigen Präqualifikationsverfahren zog man parallel zum Studienauftrag in zwei Workshops die Bevölkerung mit ein. Interessant dabei: Das Projekt «Park Avenue» gefiel nicht nur den Fachleuten in der Jury am besten, sondern auch den Workshop-Teilnehmern.

«Zudem stellten wir schnell fest, dass bezahlbarer Wohnraum in Sursee ein wichtiges Thema ist», sagt Alois Egger, Verwaltungsratspräsident der ALB Real Estate AG. Nach Gesprächen mit Vertretern der Ortsparteien fällte die Investorin den Grundsatzentscheid, im ganzen Perimeter bezahlbare Miet- und Eigentumswohnungen. «Mit seiner guten Erschliessung und der Nähe zum Bahnhof eignet sich dieser Standort sehr gut dafür», ist Egger überzeugt. Zudem führe mehr zahlbarer Wohnraum auch zu weniger Pendlerverkehr.

1890 Franken für 4,5 Zimmer

Ab 1890 Franken Miete exklusive Nebenkosten soll eine Viereinhalbzimmerwohnung im Monat kosten. Gemäss Egger geht es dabei nicht um Sozialwohnungen, sondern um Wohnungen für Normalverdienende, die immerhin drei Viertel der Bevölkerung ausmachten. Dafür mache man Kompromisse in Form einer etwas kleineren Wohnfläche und weniger Luxus. Bei den Eigentumswohnungen seien auch «spannende Modelle» wie ein «Mietkauf» – ein Kauf für zehn Jahre höheren Mietpreis als Gegenleistung – denkbar. «Wir hoffen, kommende Woche an den ausserordentlichen Gemeindeversammlungen die Hürde der Ortsplanungsrevision zu meistern und dann mit dem Bau der ‘Park Avenue’ beginnen zu können – und dass uns auch die Stadt Sursee bei der Umsetzung unsrer Idee unterstützt», so Egger.

Zuversichtlich stimmt ihn nicht zuletzt der Umstand, dass die Verdichtung bei diesem Projekt durch die Hochhäuser aufgenommen wird, wodurch viel Grünfläche erhalten bleibt. Und er betont: «Die Existenz der Betriebe in der Nachbarschaft wurde von uns nie in Frage gestellt. Was die Immissionen angeht, ist alles gesetzlich geregelt.» Was würde passieren, wenn der Souverän die vom Stadtrat beantragten Umzonungen in der Münchrüti ablehnen sollte? Egger: «Dann wird dieses Gebiet früher oder später wohl trotzdem überbaut werden – einfach gemäss den bisherigen Bestimmungen mit einem Wohnanteil von 20 Prozent. Die Verdichtung dürfte dann allerdings kaum kleiner werden.»

Unternehmen nicht vertreiben

Wie Stadtschreiber Bruno Peter ausführt, ist bereits im Rahmen des Räumlichen Entwicklungskonzepts intensiv studiert worden, welche Gebiete für die innere Verdichtung geeignet sein könnten: «Während in Gebieten mit gewachsenen Strukturen eine moderate Verdichtung angestrebt wird, halten die Fachgremien und der Stadtrat das Gebiet Münchrüti für geeignet, das zusätzliche Wachstum aufzunehmen.» Den Vorwurf der Hostettler-Gruppe, es liege kein Verkehrskonzept vor, lässt Peter nicht gelten: «Das Konzept für den motorisierten Individualverkehr und das Veloroutenkonzept umfassen auch das Gebiet Münchrüti.» Laut dem Stadtschreiber liegt des Pudels Kern der Einsprache der Hoco Immobilien AG in erster Linie bei der Befürchtung, dass durch die Wohnüberbauungen die Anlieferung durch grosse LKW nicht mehr gewährleistet sei. Offenbar rühre die Verunsicherung von gewissen Visualisierungen der Architekturbüros her. «Die Stadt wird bei den Bebauungsplänen dafür sorgen, dass die Zufahrt nach wie vor möglich ist», betont Peter. Und er fügt hinzu: «Es ist der Stadt Sursee wichtig, sicherzustellen, dass die im Gebiet Münchrüti ansässigen Unternehmen auch in Zukunft weiter existieren können.»


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