«Ich bin dankbar für diese 26 interessanten und abwechslungsreichen Jahre. Dass ich während dieser langen Zeit so viele Menschen kennenlernen durfte, empfinde ich als grosses Geschenk.» So bringt Karin Fischer ihre Gefühlslage auf den Punkt. Per Ende September beendete sie ihre Tätigkeit bei der Stadt Sursee, die sie 1998 mit der Lehre begann und sie bis zur Funktion der Stellvertretung des Stadtschreibers und Bereichsleiterin Kanzlei und Bevölkerungsdienste führte. Es habe ihr immer gefallen, für jenen Ort zu arbeiten, an dem sie wohne und lebe. Sie hebt lobend hervor, dass sie bei der Stadt Sursee auf verschiedenen Ebenen gefördert worden sei, nicht zuletzt in Bezug auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. So verlasse sie denn die Stadtverwaltung mit positiven Gefühlen, und es sei für sie schon etwas hart, nach so langer Zeit Abschied zu nehmen, lässt Karin Fischer durchblicken.
Wechsel in die Privatwirtschaft
Diesen Abschied hat sie freilich selbst gewählt. Denn die 42-jährige Mutter eines Sohnes tritt in der Privatwirtschaft eine neue Herausforderung an – in einem für Steuern, Finanzen und Treuhand spezialisierten Beratungsbüro, das seine Tätigkeit in Sursee vor rund zwei Jahren aufnahm. Dort will Karin Fischer mithelfen, die Abteilung öffentlicher Sektor aufzubauen. Deren Zielgruppe umfasst nebst politischen Gemeinden beispielsweise auch Verbände, Kirchgemeinden und Stiftungen. Unter anderem wird sich die zu schaffende Abteilung des Mangels an Fachkräften und der Übernahme von Projektleitungen annehmen. «In diesem neuen Arbeitsgebiet kommt mir die langjährige Erfahrung als Stellvertreterin des Stadtschreibers und Bereichsleiterin zustatten», ist Karin Fischer überzeugt. Für sie ist dieser «Tapetenwechsel» eine «Chance, die nicht alle Jahre kommt». Und diese Chance habe sie ergreifen wollen, zumal sie sich ihr zu einem guten Zeitpunkt geboten habe. «Und ich bin glücklich, weiterhin mit dem öffentlichen Sektor verbunden zu sein.»
Viele Höhepunkte …
Angesprochen auf die Höhepunkte ihrer 26-jährigen Tätigkeit bei der Stadt Sursee nennt Karin Fischer zuerst den Bezug der neuen Stadtverwaltung an der Centralstrasse im Jahr 2010. Weiter erwähnt sie die Einführung der digitalen Verwaltung 2017, bei der sie eine führende Rolle übernehmen durfte, und die Revision der Gemeindeordnung 2006/07. Aber auch die verschiedenen Grossevents wie «SRF bi de Lüt» 2015, die Feier für den einheimischen Kantonsratspräsidenten Andreas Hofer 2016 oder die Ausscheidung für den «Donnschtigjass» im Bündnerland seien ihr in bester Erinnerung geblieben. «Und spannend waren auch die Einführung des Öffentlichkeitsprinzips in Sursee und jüngst die Thematik Stadtparlament.»
… und spürbarer Wandel
Seit dem Start ihrer Lehre 1998 erfuhr die Arbeit auf der Verwaltung wie auch die Surenstadt selbst einen deutlich wahrnehmbaren Wandel. Die Digitalisierung machte die Verwaltung weitgehend papierlos und ermöglichte das mobile Arbeiten, was das Terrain für Homeoffice und flexible Teilzeitarbeit ebnete. Optimierungspotenzial bei der Digitalisierung ortet Karin Fischer indessen noch gegen aussen, will heissen in Bezug auf den Kundenkontakt. Was Sursee betreffe, hätten im vergangenen Vierteljahrhundert die Zentrumsaufgaben an Bedeutung gewonnen. So seien innerhalb der Verwaltung diverse Kompetenzzentren geschaffen worden, die auch für andere Gemeinden Dienstleistungen erbrächten. «Es gab und gibt immer wieder Diskussionen darüber, wie man das ‘zweite Zentrum im Kanton’ gestaltet», so Karin Fischer. Schon allein deshalb sei die Arbeit sehr divers und spannend geblieben.
Begeisterte Amerikaner
Eindrücklich war für Karin Fischer, wie begeistert die Gäste aus der US-amerikanischen Schwesterstadt Highland darüber waren, wie verdichtet auf relativ kleinem Raum in Sursee vieles vorhanden ist und wie herzlich der Empfang in der Surenstadt war. Bereits Jahre zuvor waren die Kontakte beim Besuch einer Surseer Delegation in Highland geknüpft worden, und einige dieser Kontakte bestehen bis heute. Die Kontakte zur anderen Schwesterstadt, zum Unterwalliser Martigny, scheinen derweil etwas zu ruhen. Karin Fischer erinnert sich noch gut an die Zeit, als sie die Lehre auf der Stadtverwaltung antrat und Sursee Ehrengast an der Foire du Valais war. Solange die entsprechende Kommission aktiv war, funktionierte vor allem der Schüleraustausch. «Heute ist Martigny schon weniger präsent in Sursee. Vielleicht noch am ehesten durch den Martigny-Platz, obwohl viele Leute diesen fälschlicherweise mit dem Martinsbrauch Gansabhauet assoziieren.»
Vier Stadtschreiber erlebt
Während ihrer Amtszeit erlebte Karin Fischer mit Erwin Gabriel, Caroline Kuhn, Godi Marbach und Bruno Peter drei Stadtschreiber und eine Stadtschreiberin. Für sie sei es nie ein Problem gewesen, als Stellvertreterin eher im Hintergrund zu wirken, versichert sie: «Ich durfte sehr wohl Verantwortung übernehmen und spannende Projekte leiten. Es passt zu meiner Persönlichkeit, abseits des Rampenlichts Fäden zu ziehen.» Als Bereichsleiterin Kanzlei und Bevölkerungsdienste hatte sie an vorderster Front mit Wahlen und Abstimmungen zu tun. Die Frage, ob die Beteiligung an den Urnengängen tendenziell abnehmend sei, mag sie nicht bejahen: «Es kommt immer auch darauf an, welche Geschäfte auf Bundes-, Kantons- und kommunaler Ebene gemeinsam zur Abstimmung gelangen.» Zugenommen habe indessen die briefliche Stimmabgabe. Zudem warteten aus ihrer Erfahrung wieder mehr Stimmberechtigte mit der Stimmabgabe bis zum Abstimmungssonntag: «Offenbar möchte man die Fakten für die Meinungsbildung bis zum Schluss einbeziehen.»
Glücklich mit Gemeindeversammlung
Kürzlich sprachen sich Sursees Stimmberechtigte gegen die Einführung eines Stadtparlaments und für die Beibehaltung der Gemeindeversammlung aus. Persönlich findet Karin Fischer diesen Entscheid des Souveräns gut: «Die direkte Mitbestimmung des Volkes hat einen hohen Stellenwert. Ich erlebte die Gemeindeversammlung in Sursee immer als etwas sehr Positives.» Sie räumt allerdings auch ein, dass der Besuch der Versammlung für einige Personen mit Hürden verbunden sei. «Aber bei einer aktiven Beteiligung am Parlamentsbetrieb ist das nicht anders.»
Auch wenn Karin Fischer die Seite von der Stadtverwaltung in die Privatwirtschaft wechselt, bleibt sie dem öffentlichen Leben der Surenstadt in ihrer Funktion als Präsidentin des Quartiervereins Mariazell erhalten. «Meine Familie und ich leben sehr gerne hier. Wir sind hier aufgewachsen und schätzen Soorsi und seine Menschen. So ist es für mich eine Selbstverständlichkeit, mich auch weiterhin für die Öffentlichkeit zu engagieren», sagt sie.