Der Stadtrat wagt einen Blick in die Kristallkugel: Die Stadträte Bruno Bucher, Heidi Schilliger, Beat Leu (Stapi), Jolanda Achermann und Michael Widmer (v. l.). Foto moc
Der Stadtrat wagt einen Blick in die Kristallkugel: Die Stadträte Bruno Bucher, Heidi Schilliger, Beat Leu (Stapi), Jolanda Achermann und Michael Widmer (v. l.). Foto moc
23.05.2018

Was die Zukunft für Sursee bringen mag

Welche Herausforderungen, welche Entwicklungen kommen auf die Surenstadt in den kommenden Jahren zu? Die «Surseer Woche» bat den Stadtrat um einen Blick in die Zukunft.

Bruno Bucher, Bauvorsteher

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Der ehemalige deutsche Bundeskanzler Helmut Schmidt hat einmal gesagt: «Wer Visionen hat, sollte sich beim Arzt melden.» Sicher gehört es zu den Aufgaben eines Stadtrats, in die Zukunft zu schauen. Bis zu einem Planungshorizont von 15 bis 20 Jahren macht das meines Erachtens auch Sinn. Was da­rüber hinausgeht, ist Fiktion, und dieses Feld möchte ich lieber den Zukunftsforschern überlassen. Denn ich bin überzeugt, dass ein gewisser Pragmatismus bessere Resultate verspricht als das Bauen von Luftschlössern.
Womit wir beim Stichwort Bauen wären. Ich denke, einer der wichtigsten Punkte für die Zukunft ist, dass wir zu unserer Umwelt und zur Natur, aber auch zu den Siedlungsstrukturen Sorge tragen. «Verdichten ja, aber nicht zu jedem Preis» ist da mein Grundsatz. Die Qualität muss zwingend stimmen, und zwar so, dass sich die Einwohner nicht nur in ihren eigenen vier Wänden wohl fühlen, sondern auch draussen vor ihrer Haustüre. Ein Beispiel, das illus­triert, was ich damit meine, ist der Ehret-Park: Der Stadtrat wollte, dass dieser Raum für die Öffentlichkeit erhalten bleibt und nicht von «Stadtvillen» in Beschlag genommen wird.
Stark wird uns auch in Zukunft das Thema Mobilität beschäftigen. Der Mensch will auch in 15, 20 Jahren mobil sein, und das gilt es zu akzeptieren. Die Frage ist jedoch, mit welchen Mitteln dies erfolgen soll. Meiner Ansicht nach wird die Entwicklung weg vom Eigentum an Fahrzeugen hin zum öffentlichen Verkehr und zur geteilten Mobilität – Beispiel Carsharing – und weg von den fossilen Treibstoffen hin zur Elektrizität gehen. Ich glaube, dass durch intelligente Lösungen auch in Sursee und unserer Region der Verkehr künftig ruhiger und flüssiger rollen wird. Mittel- bis langfristig wird man wohl auf den Bau neuer, übergeordneter Strassenverkehrsachsen verzichten müssen.

 

Heidi Schilliger, Bildungsvorsteherin

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Die Stadt Sursee wächst. Dass wir in 20 Jahren genügend und darüber hinaus auch die richtige Bildungsinfrastruktur haben, ist eine Herausforderung. Die Bedürfnisse der Gesellschaft und somit die Anforderungen an die Schule verändern sich schnell, deshalb ist es umso wichtiger, dass wir flexible Schulhäuser mit flexiblen Raumprogrammen schaffen. Die In­frastruktur im Bildungs- und Kulturbereich muss von der Bevölkerung vielfältig genutzt werden können – dies auch noch in 20 Jahren. Dazu ist langfristiges und zukunftsoffenes Planen notwendig.
Neben guter Infrastruktur braucht es genügend qualifiziertes Lehrpersonal, um die immer komplexeren Anforderungen, welche an die Schule delegiert werden, zu bewältigen. So ermöglichen wir den Kindern einen optimalen Einstieg in ihre Bildungsbiografie. Ein guter Start in unserem Schulsystem legt das Fundament für die späteren Übergänge in die Oberstufe und ins Berufsleben.
Im Weiteren stellt sich die Frage, wie wir den gesellschaftlichen Zusammenhalt und den Austausch über alle Bevölkerungs- und Altersgruppen hinweg fördern wollen. Gemeinsamkeiten, nicht Differenzen stehen im Vordergrund. Da die Stadt Sursee die Grenze zum 10’000. Einwohner bald knackt, gilt es vermehrt, die zahlreichen Neuzuziehenden zu integrieren, die Quartierarbeit und -vereine zu stärken, Begegnungsorte zu schaffen sowie Vereinzelung und Anonymität zu verhindern.
Was das Kultur- und Sportangebot anbelangt, sind wir gut aufgestellt. Wünschenswert ist, dass die verschiedenen Angebote kommunal und regional noch stärker vernetzt sowie Infrastrukturen gemeinsam geplant und realisiert werden. So können wir insgesamt als starke Sport- und Kulturregion auftreten.

 

Beat Leu, Stadtpräsident

«In zwanzig Jahren ist die Stadt Sursee noch immer das zweite Zentrum im Kanton, davon bin ich überzeugt», sagt Stadtpräsident Beat Leu. Das Image der Stadt entwickle sich aus der Arbeit, die man leistet. Er betont, dass nicht nur in der Stadt, sondern in der ganzen Region die Post abgehe. Diese Entwicklung gebe das Raumplanungsgesetz vor, das Zentren stärken wolle. Die angestrebte Verdichtung werde die Grenzen zwischen den Gemeinden noch weniger sichtbar erscheinen lassen. Zur Verdichtung passe die Strategie der Stadt Sursee «Leben Wohnen Arbeiten.» Stadtpräsident Leu ergänzt: «Das Tempo der Verdichtung ist hoch. Um die Qualität in den Quartieren sicherzustellen, müssen wir die Leute heute und auch in 20 Jahren mitnehmen.» Denn ihm sei klar, dass es in einer grösser werdenden Stadt schwieriger sei, die Leute noch zu kennen.
Der Stadtpräsident ist von Amtes wegen Präsident der Kommission Gansabhauet. «Dieses Brauchtum wird in 20 Jahren noch gleich gefeiert», ist er überzeugt. Die Besucher schätzen 2038, dass sie den Anlass geniessen, Leute treffen und plaudern können. «Das Zusammengehörigkeitsgefühl ist am Gansabhauet greifbar.»  
Ob die Stadträte und insbesondere der Stadtpräsident noch in einigen Jahren in einem Teilzeit-Pensum arbeiten, hinterfragt Beat Leu. «Das wird sehr schwierig, Die Anforderungen und die Belastung steigt im ganzen Gremium.» Er zeigt jedoch ein Herz für die Gemeindeversammlung. «Sie ist schneller, direkter und weniger kompliziert als ein System mit einem Gemeindeparlament. Das Resultat ist jedoch vergleichbar.» Vielleicht müsse der Stadtrat aber in den kommenden 25 Jahren die Parteiarbeit intensivieren, und die Parteien mehr als zweimal im Jahr treffen.

 

Jolanda Achermann, Sozialvorsteherin

In den vergangenen 30 Jahren ist enorm viel passiert. Es ist schwierig einzuschätzen, was in den nächsten 30 kommen wird. Nebst der Entwicklung der Robotertechnik könnte die Gesundheitsökonomie zur Herausforderung werden. Dienstleistungen werden teurer, die Gemeinden müssen mehr Kosten übernehmen. Die Finanzen sollten aber nicht die gesundheitliche Versorgung steuern. Deshalb ist es wichtig, die Zusammenarbeit in der Versorgungskette zu optimieren. Beispielsweise ein Spital, das als eigene Einheit handelt, sollte vermehrt mit den Alterszentren sowie der Spitex der Region zusammenarbeiten. Die unterschiedliche Finanzierung erschwert diesen Prozess.
Sursee hat eine gute ambulante und stationäre Versorgung sowie ein breites Angebot an Betreuungsplätzen. Auch die Möglichkeit für betreutes Wohnen besteht. Für die Zukunft sind wir gerüstet. Das betreute Wohnen wird das Modell der Zukunft sein. Denn immer mehr Menschen wünschen sich ein selbstbestimmtes Leben im Alter. Jedoch müssen mehr Pflegefachpersonen ausgebildet werden, um den Bedarf in der Zukunft zu decken. Die Ausbildungsbetriebe hier sind sehr engagiert.
Die Drehscheibe 65plus Region Sursee kann in Zukunft bedürfnisgerecht ausgebaut werden. Die Leute werden älter und sind länger fit. Ihre Ressourcen können für die Stadt eine Chance zur aktiven Mitwirkung sein. Beim grossen Bevölkerungswachstum den Zusammenhalt generationsübergreifend zu fördern, spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Es soll keine Entfremdung stattfinden. Wichtig ist, dass wir uns vor Veränderungen nicht verschliessen. Die aktuelle Strategieentwicklung in Spitex und Alterszentren zeigt, dass wir vorausschauend in Bewegung sind. Der Mensch sollte stets im Zentrum stehen und auf ein zuverlässiges System zurückgreifen können.

 

Michael Widmer, Finanzvorsteher

Finanziell steht die Stadt Sursee auf soliden Beinen. Besonders erfreulich ist, dass wir wohl noch dieses Jahr das strukturelle Defizit tilgen können. Damit haben wir eine gute Ausgangslage und bekommen Luft für künftige finanzpolitische Entscheide. Investitionen, die Verschuldung und das Halten des Steuerfusses, das sind Themen, welche uns in den kommenden Jahren sicher beschäftigen werden. Daneben kommen weitere, gewichtige Herausforderungen auf die Stadt zu. Zum einen auf kommunaler Ebene: Es gilt, das städtische Wachstum zu verdauen und Kosten zu antizipieren. Wenn die Stadt wächst, wachsen nicht nur die Einnahmen, sondern auch die Ausgaben.
Auf regionaler Ebene dürften sich die finanzpolitischen Prozesse mehren. Investitionen betreffen vermehrt nicht einzelne Gemeinden alleine, sondern die gesamte Region. So zum Beispiel beim geplanten Sekundarschulhaus oder bei der Sportinfrastruktur, wo es darum geht, gemeinsam mit allen betroffenen Gemeinden Lösungen zu finden. In den kommenden 15 bis 20 Jahren werden mehr solche Diskussionen auf uns zukommen, was ich als Chance begreife. Im Weiteren wird uns das Verhältnis zum Kanton beschäftigen, zum Beispiel im Bereich der Aufgabenteilung und Finanzierung, wie es aktuell mit der Aufgaben- und Finanzreform 18 geschieht. Hier muss die Stadt gegenüber dem Kanton immer wieder ihre Position verdeutlichen und zusammen mit der Region eine gemeinsame Stimme finden. Mit der Umsetzung von HRM2 geht es in den kommenden Jahren schliesslich darum, die guten Ergebnisse und Entwicklungen der vergangenen Jahre zu konsolidieren. Dazu gehört auch die Diskussion über eine Schuldenbremse. Steigt die Verschuldung zu stark an, tun wir künftigen Generationen keinen Gefallen.


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