Simulierte Gefahrensituationen beim Radfahren. (Foto Christina Renggli/ZVG)
Simulierte Gefahrensituationen beim Radfahren. (Foto Christina Renggli/ZVG)
09.11.2023

Bis zu 66 Mal das Smartphone laden

von David LIENERT/Kanti Sursee

Am 31. Oktober erhielten Schülerinnen und Schüler tiefe Einblicke in mannigfache Themen mit naturwissenschaftlichem Ansatz: Spannende Referate und interaktive Module kennzeichneten den von der Schweizerischen Akademie der Technischen Wissenschaften (satw) organisierten TecDay.

Projektleiterin Belinda Weidmann von der satw verpackte den TecDay in eindrückliche Kennzahlen: Rund 80'000 Gymnasiasten haben in der Schweiz bislang tiefgreifende naturwissenschaftliche Impulse in den jeweils einen ganzen Schultag abdeckenden, seit 2007 stattfindenden TecDays erhalten. «Ziel dieser Tage ist klar die Nachwuchsförderung, Gymischüler für ein naturwissenschaftlich geprägtes Studium zu begeistern», liess sie durchblicken. «Die Referenten gewinnen wir aus einem Pool aus Fachhochschulen, Unternehmen, Non-Profit-Organisationen, Universitäten und Behörden.» Die satw greife zusätzlich aber auch auf Hinweise von Schülern zurück, die für Referate infrage kommende Eltern rekrutierten.

Enorme thematische Bandbreite

Die Palette der angebotenen Module reichte an der Kanti von Fragestellungen («Wie funktioniert künstliche Intelligenz?») über Zukunftsprognosen («2030 – Das Ende der Mobilität, wie wir sie kennen») und virtuelle Wahrnehmungsmöglichkeiten («Augmented Reality: Ein interaktives Informationserlebnis») bis zum Unterwegssein der besonderen Art («Eine Reise zum Ursprung des Universums»).

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Der Einbezug der Gedanken- und Erlebniswelt von Jugendlichen stand dabei immer wieder im Fokus der Inputs. So ging es bei «Am Steuer nie!» um Substanzen, der die Fahrfähigkeit erheblich beeinträchtigen. Beeindruckend wirkte der am Schluss eingespielte Film. Er zeigte, wie ein Autofahrer als Proband auf einem abgesperrten Gelände einem Hindernis im nüchternen Zustand, mit 0.5 und 1.1 Promille Alkohol im Blut nach rasanter Beschleunigung einem Hindernis ausweichen musste. Dass er das Fahrzeug beim hohen Alkoholwert von der Ideallinie weit abweichen liess und viel zu spät reagierte, sogar fast den seitlich parkierten Kamerawagen touchierte, war vorherzusehen. Doch auch beim gesetzlich erlaubten Wert von 0.5 zeigte sich bereits eine erhebliche Verlängerung seiner Reaktionszeit.

Zuvor konnten die Jugendlichen in einer Computersimulation mit dem Fahrrad die Langstrasse in Zürich befahren. Den Knackpunkt dabei bildete ein Lastwagen mit Anhänger, der – abgelenkt durch einen von links auftauchenden Fussgänger – ohne zu blinken rechts abbog. Stand das Fahrrad an dieser Kreuzung bei Rot auf der Höhe des Lastenzugs, wäre es trotz im Führerraum installierten Kameras zur Aushebelung des toten Winkels zu einem tödlichen Unfall gekommen.

66 Mal das Smartphone laden

Aus dem Leben gegriffen war wie viele andere der Input zu «Tatort Kunst»: Jugendlichen gelang es bei Weitem nicht immer, Fälschungen von echten Gemälden oder Dokumenten zu unterscheiden. Sie erhielten beispielsweise eine Bibel aus dem 13. Jahrhundert, bei der sie mit UV-Licht heraustüfteln mussten, ob sie echt oder gefälscht ist. Als besonders beliebt stellten sich in der nahen Vergangenheit Fälschungen von Geld, Dokumenten und Impfausweisen he-raus. Um Falschgeld in Umlauf zu bringen, nützen dessen Urheber mit Vorteil Situationen dichten Andrangs aus, wenn für Inkassos nicht viel Zeit bleibt. Bei aus Fälscherwerkstätten aus Norditalien stammenden falschen Fünflibern ist die Qualität so gut, dass selbst Experten auf den ersten Blick nicht merken, dass sie nur nachgemacht sind.

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Selbstredend war am TecDay der uns seit längerem umtreibende Klimawandel ebenfalls ein Thema. Im Referat zu «Biopower: Energie aus Biomasse» wurde fassbar, welche Herkulesaufgabe sich die Schweiz mit dem Fernziel «Nett null» bis 2050 vorgenommen hat. Dazu müssten wir uns kollektiv bis zu jenem Zeitpunkt zu einer «2000-Watt-Gesellschaft» verändern, was einem jährlichen Pro-Kopf-Verbrauch von rund 17'500 Kilowattstunden entspräche. «Um eine Kilowattstunde aus eigener Kraft zu erzeugen, müsst ihr rund zehn Stunden auf dem Ergometer mit einer Leistung von 100 Watt trainieren,» so Referent Wolfgang Merkle von der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW). «Und damit könntet ihr einen Kühlschrank zweieinhalb Tage betreiben, 13 Stunden fernschauen oder 66 Mal euer Smartphone laden.»

Vielleicht entschärft sich die Energieproblematik ja, wenn dereinst Fusionsreaktoren in Betrieb gehen werden. Solche Reaktoren, so wurde im Vortrag «Kernfusion: Auf dem Weg zu einer nachhaltigen Energiequelle» deutlich, peilen die erfolgreiche Verschmelzung von Wasserstoff zu Helium an, genauso, wie auch die Sonne funktioniert. Gelänge sie, verfügte die Menschheit über eine unerschöpfliche Energiequelle, die mehr Energie erzeugt, als in sie hineingesteckt worden ist. Dies käme dem alten Menschheitstraum des «Perpetuum Mobile» gleich.


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