So soll der Aussichtsturm im Strandbad dereinst aussehen. Der geplante Bau sorgt in Sursee für erhitzte Gemüter. Visualisierung Baureag Architekten
So soll der Aussichtsturm im Strandbad dereinst aussehen. Der geplante Bau sorgt in Sursee für erhitzte Gemüter. Visualisierung Baureag Architekten
05.12.2018

«Eine verrückte, aber geniale Idee»

Im Strandbad Sursee soll ab Muttertag 2019 ein knapp 30 Meter hoher Turm stehen. Verrückt oder genial? Das sagen Surseerinnen und Surseer dazu.

Livio Arnold, Bootsfahrschule Sempachersee

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 «Im ersten Moment dachte ich, es sei ein Witz. Aber es ist keiner. Immer wieder heisst es, am Seeufer solle nicht gebaut werden. Und jetzt soll ein solcher Turm entstehen. Grundsätzlich bin ich aber nicht gegen das Projekt. Ich bezweifle aber, ob man aus 30 Metern Höhe eine gute Aussicht hat. Das Seeufer ist grösstenteils von Bäumen verdeckt und über das Mariazell hinweg sieht man vermutlich auch nicht. Eventuell hat man Blick auf Schenkon, das Zellmoos und die Autobahn. Für die Kinder ist es sicher eine coole Sache. Und für mich ist es auch eine gute Werbung, da ich im Triechter Unterricht gebe.»

 

Kurt Schäfer, Bootsverleih Korporation Sursee

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«Ich verstehe nicht, was ein Aussichtsturm in einem Strandbad zu suchen hat. Er verschönert das Triechterbild in keiner Art und Weise. In der Badi hat es ohnehin schon wenig Platz, und die badenden Gäste mögen es wohl kaum, wenn man sie vom Turm aus beobachtet. Ein Turm soll Aussicht ermöglichen, deshalb muss er erhöht stehen – das wussten schon die Menschen im Mittelalter. Vom Turm am Triechter aus sieht man nichts Besonderes – weder das Städtli noch über die Moräne Mariazell.»

 

Karin Meier, Sursee

Der GRS will wahrlich hoch hinaus. Dabei ging ganz vergessen, vorher abzuklären, ob dieses 30 Meter hohe und 15 Meter breite, mit Lift und Treppe zugängliche «Geschenk» überhaupt erwünscht ist. Bereits jetzt hat man eine einzigartige Aussicht auf See und Berge – und das nicht nur von der Badi aus. Dazu braucht es keinen riesigen Turm, der einen so grossen Platz der Liegewiese beansprucht, das Landschaftsbild stört und den Persönlichkeitsschutz. Denn ein «Aussichtsturm» an so einer sensiblen Stelle böte auch «Aussicht» auf alle Kinder und Erwachsenen, die leicht bekleidet in der Badi herumlaufen und liegen. Die Handykameras würden mit Sicherheit nicht nur für die tollen Berge eingesetzt. Eine einzigartige Aussicht bietet sich auch im leider leerstehenden Hotel Bellevue. Ein Gastgewerbebetrieb, der mit innovativen Ideen und dem aktiven Engagement des GRS zu neuer Blüte kommen könnte und wieder eine echte Lücke schliessen würde. Da könnten die 600’000 Franken sinnvoller eingesetzt werden. Darum: Kein Turmbau zu Babel!

 

Hubert Hecht, Hecht Holzbau AG, Sursee

Unser Holzbaubetrieb ist für die Umsetzung des Turmprojekts der GRS zuständig. Für den Bau verwenden wir Schweizer Weisstanne aus der Zentralschweiz. Uns ist es wichtig, Holz aus der Region (Schweizer Holz) zu verbauen. Auch unsere anderen Bauprojekte wie die Vogelwarte in Sempach oder der Neubau des Schulhauses Neufeld in Sursee bestehen aus Schweizer Holz. Die Weitsicht über den See in die Berge sowie die Turm-Rutschbahn stärken die Region und schaffen einen neuen Ort der Begegnung. Der imposante, 29.9 Meter hohe Turm ist einzigartig, fügt sich neben dem Holzbau des Seeclubs Sursee jedoch ausgezeichnet in die Umgebung ein.

 

René Bühlmann, Leiter Strandbad

Ein Aussichtsturm wäre etwas Einzigartiges. Besonders für ein Strandbad. Wenn wir durch Sponsoren einen solchen Turm geschenkt bekommen, sollte man diesen annehmen. Die zugehörige Rutschbahn ist eine Bereicherung für die Kinder der Badi. Mit dem Turm anfallende Arbeiten übernimmt der Verein Gewerbe Region Sursee, nehme ich an. Ich wäre aber nicht abgeneigt, diesen dabei zu unterstützen. Man sollte sich aber gut überlegen, wie mit der Parkplatz- und der WC-Situation umgegangen wird. An Sonntagen sind diese mit den Badegästen und den Fischern ausgeschöpft. Ich denke aber, der GRS ist mit Herzblut dabei und findet bestimmt eine gute Lösung.

 

Peter Regli, Geschäftsführer Sempachersee Tourismus

«Ein solcher Turm ist toll, er steht einfach am falschen Ort», sagt Peter Regli. Der Geschäftsführer von Sempachersee Tourismus wertet den Standort Mariazell-Hügel aus touristischer Optik als geeigneter. «Hier fahren täglich Tausende durch und sehen ihn.» Er wisse jedoch, dass auf dem Mariazell-Hügel keine Bewilligung erteilt worden wäre. Peter Regli betont: «Die Idee des Turms der Weitsicht im Strandbad unterstützen wir und sind gerne bereit, zusammen mit den Initianten Ideen zur Nutzung zu entwickeln.» Er hoffe, dass nicht allzu viele Einsprachen gegen das Baugesuch eingehen, diese gütlich bereinigt würden und der Turm zügig gebaut werden könne. «Im Sinne der Weitsicht ist der Turm für die Region ein Ausrufezeichen und zeigt, wie viel Kreativität und Innovation bei den Beteiligten vorhanden ist.»

 

Beat Felder, Weinbau Mariazell

«Der Standort am Triechter ist der einzig richtige. So können die Leute den See und den Triechter erleben», erklärt Beat Felder vom nahe gelegenen Weinbau Mariazell. Der Lebensraum der Tiere werde in keinster Weise gestört. Auch andere Naturschutzgebiete und Naherholungsgebiete hätten einen Turm. Dass der Gewerbeverein den Turm nun im Strandbad bauen möchte, wäre ihm jedoch nie in den Sinn gekommen. Beat Felder hätte den Turm lieber auf der Wiese der Korporation gesehen, doch mache er wegen des vorgeschlagenen Standorts keine Opposition. «Ich habe Freude am Turm.» Immerhin habe der GRS einen Weg mit der Stadt und der Korporation gefunden.

 

Gerold Beck, Kaplan Kapelle Mariazell

«Meine erste Reaktion war, dass ein solcher Turm nichts Diskretes, sondern etwas Dominantes ist», erzählt Kaplan Gerold Beck. Der Ur-Surseer erinnert an die früheren Projekte eines Hotels am Triechter, die keine Mehrheit fanden. Ob nun die Idee eines Turms im Strandbad die richtige Lösung sei, wisse er im Moment noch nicht, «auch mit dem Wissen, dass beispielsweise ein Schiff auf dem Sempachersee keine Mehrheit gefunden hat».

 

Annemarie Lüthy, Präsidentin Seeclub Sursee

In unmittelbarer Nähe des geplanten Turms hat der Seeclub Sursee sein Bootshaus. Präsidentin Annemarie Lüthy ist deshalb von Anfang an vom GRS über die Planung informiert worden. «Wir haben diese Idee vor gut einem Jahr im Vorstand intensiv besprochen und hatten nichts dagegen.» Aber der Turm ist «gewöhnungsbedürftig hoch» und zu nah an unserem Gelände. Darum beeinträchtigt er unser Clubleben sehr. Nach hinten verschoben, und die Situation wäre eine andere. «Diese Idee ist so verrückt, dass sie wieder genial ist.» Die Seeclub-Präsidentin ergänzt noch, dass ein Turm eine Bereicherung sein könne. «Wenn er steht, etwas weiter hinten, gehe ich auch rauf.»


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