Jonas Furrer gestaltete und begleitete im vergangenen Juni die Trauung seiner Schwester. Foto zVg
Jonas Furrer gestaltete und begleitete im vergangenen Juni die Trauung seiner Schwester. Foto zVg
07.03.2019

«Es geht mir nicht ums Pfarrer spielen»

Der Geuenseer Jonas Furrer begleitet als Zeremonienleiter freie Trauungen. Im Gespräch erzählt er, warum er am Wochenende Paare vermählt und wo die Stärke der freien Trauungen liegt.

 

Die Hochzeit findet im Freien statt. Weisse Stühle stehen unter Sonnenschirmen auf dem Flumserberg. Die Braut trägt ein Sommerkleid, der Bräutigam klassisch Hemd und Hose. Die Zeremonie findet im grösseren Rahmen statt. Zermonienleiter Jonas Furrertraut das junge Paar. An einem dünnen Seil, dass sich von Person zu Person durch die Stuhlreihen zieht, werden die Eheringe zum Brautpaar weitergeleitet. Dabei darf jeder Gast dem Paar seine Wünsche mit auf den Weg geben. Braut und Bräutigam sind leidenschaftliche Bergsteiger, die sich dieses spezielle Ritual für die Hochzeit gewünscht haben. Jonas Furrer begleitet die Zeremonie und erzählt die Liebesgeschichte des Paars in eigenen Worten.

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Bei dieser Bergsteigerhochzeit handelte es sich um Jonas Furrers erste Trauung. Es war die Hochzeit seiner älteren Schwester, die ihn bat, diesen Tag zeremoniell zu begleiten. «Für mich war die Antwort darauf klar», sagt Furrer. Die positiven Rückmeldungen der Gäste bewegten ihn später dazu, diese Trauung nicht seine einzige bleiben zu lassen.

Vom Sanitär zum Pärliversteher

Nach der Hochzeit seiner Schwester meldete sich der 31-Jährige 2018für die Weiterbildung zum Zeremonienleiter an. «Es geht mir nicht ums Pfarrer spielen. Es ist grundsätzlich etwas Schönes, eine solche Zeremonie mitzugestalten und zwei Menschen auf diesem Weg zu begleiten», sagt Jonas Furrer. Zu Menschen finde er schnell einen Zugang, was ihm als Zeremonienleiter zugute komme. Hauptberuflich arbeitet er bei der Subito Krisenintervention AG in Emmen. Dort begleitet er Kinder und Jugendliche, die von der Organisation aufgrund schwieriger Familienverhältnisse bei Pflegefamilien platziert wurden. «Wenn man diese Schattenseiten des Lebens täglich miterlebt, ist ein umso schöneres Pendant dazu, bei solchen Zeremonien dabei sein zu dürfen.» Ursprünglich hatte er die Lehre zum Sanitär bei der Kaufmann Gotthard AG in Sursee abgeschlossen. Später folgte ein Studium in angewandter Psychologie.

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Keine Grenzen

Wie es der Name «freie Trauung» bereits sagt, werden die Zeremonien in einem freien Rahmen abgehalten. Es steht dem Brautpaar frei, Ort und Zeit zu wählen sowie die Art und Weise, wie geheiratet werden soll. Die Trauung kann mit Ritualen und anderen individuellen Elementen bestückt werden. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. «Zum Beispiel sehen manche das ‘Übergeben der Braut’ durch den Brautvater als patriarchalisch. Das kann man dann nach Belieben umgestalten», so Furrer. «Die Trauung soll nach den eigenen Normen und Werten gestaltet werden können.» Das sei die Stärke einer freien Trauung.

Ungefähr 20 Stunden Vorbereitung hat er in die Bergsteigerhochzeit seiner Schwester investiert. Alleine um die Liebesgeschichte in eigene Worte zu fassen, benötigte er fünf Stunden. Zur Vorbereitung einer Trauung gehören ein Kennenlerngespräch sowie zwei weitere Nachgespräche, um die Bedürfnisse des Brautpaars zu ergründen.

Kirche hat einen schweren Stand

Freie Trauungen liegen im Trend. Ein Blick ins Internet bestätigt die Vielfalt an Anbietern von freien Trauungen. Lässt sich die Liebe einfach so gut verkaufen? «Nein, das denke ich nicht. Es ist schön, das es so viele verschiedene Angebote gibt», sagt Furrer. «Denn jeder hat einen eigenen Stil. Das Brautpaar hat eine grosse Auswahl und kann darunter aussuchen, wer zu ihnen passt.» Dass aufgrund freier Trauungen kirchliche Trauungen bald zum Auslaufmodell werden, denkt Jonas Furrer jedoch nicht. «Durch die gesellschaftliche Entwicklung hat die Kirche einen schwereren Stand. Viele wollen nicht mehr Gott um seinen Segen bitten. Der Stellenwert ist nicht mehr bei jedem so hoch», sagt er. «Viele wollen sich auf andere Weise die Liebe schwören und sich einen eigenen Rahmen schaffen. Das macht es erst persönlich.»


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