Rolf Bossart aus Schenkon ist Geschäftsführer des Detaillistenverbands Luzern.  (Foto zvg)
Rolf Bossart aus Schenkon ist Geschäftsführer des Detaillistenverbands Luzern.  (Foto zvg)
30.03.2020

«Es kommen wieder bessere Zeiten»

von Red

Der Detailhandel ist in diesen Wochen besonders gefordert. Im Interview erklärt Rolf Bossart, Geschäftsführer des Kantonalen Detaillistenverbandes, wie sich seine Mitglieder der Krise stellen.

Rolf Bossart, wie spüren die Detaillisten die Coronakrise?

Da gibt es riesige Unterschiede. Während Papeterien, Gärtnereien oder Coiffeure schliessen mussten, haben viele Lebensmittelläden kaum Einbussen oder verzeichnen sogar höhere Umsätze. Es gibt auch markante Unterschiede zwischen Stadt und Land. Während kleine Bäckereien auf dem Land wachsende Kundenzahlen haben, beklagen jene in der Stadt zum Teil grosse Einbussen.

Warum diese Einbussen?

Einerseits weil viele Kunden nicht vor dem Laden Schlange stehen wollen, andererseits weil die Touristen ausbleiben. Zudem gibt es einige Bäckereien, die neben dem Verkaufsladen noch ein Café betrieben haben, das jetzt geschlossen werden musste.

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Welche Vorkehrungen haben die Betriebe getroffen, um die Gefahr einer Ansteckung zu reduzieren?

Gemäss Weisung des Bundesrats darf sich je nach Betriebsgrösse nur eine begrenzte Anzahl Kunden im Laden aufhalten. Alle weiteren Kunden müssen draussen warten. Weitere Vorkehrungen sind das Montieren von Plexiglasscheiben an der Kasse oder die Markierungen am Boden.

Not macht erfinderisch. Können Sie Beispiele von kreativen Massnahmen im Kreise Ihrer Mitglieder nennen?

Viele Lebensmittelläden und Gastrobetriebe sind auf Take-away-Service umgestiegen. Und einige haben einen Hauslieferdienst eingeführt. Das verspricht zwar mehr Umsatz, erfordert aber auch mehr Personal, das nicht so leicht zu finden ist. Deshalb teilen sich verschiedene Betriebe das Lieferpersonal.

Gibt es auch Branchen, die von der Krise profitieren?

Apotheken und Drogerien generieren in diesen Tagen und Wochen zweifellos mehr Umsatz. Das erlebe ich tagtäglich beim Drogisten um die Ecke, der praktisch nonstop Kundschaft im Laden hat. Ich habe mir sagen lassen, dass das Händedesinfektionsmittel der grosse Renner ist. Das Gute daran: Viele Apotheker und Drogisten können dieses Mittel selber produzieren. Für Nachschub ist also gesorgt.

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Wie beurteilen Sie die finanziellen Massnahmen, die der Bund zugunsten der Wirtschaft getroffen hat?

Ich finde sie lobenswert. Sie gehen jedenfalls weiter, als ich und wohl viele Unternehmer dies erwartet hatten. Auch dass Banken Kredite zu 0 Prozent Zins gewähren, die über vier Jahre zurückzuzahlen sind, begrüsse ich sehr. Das hilft ihnen erst einmal, über die Runden zu kommen. Ich bin aber nicht dafür, dass man Unternehmen beschenkt, indem man ihnen die Löhne für drei Monate bezahlt, so wie das gewisse Wirtschaftsvertreter fordern. Das animiert nicht, um neue Ideen zu entwickeln. Die Krise soll von den Unternehmen als Chance genutzt werden. Sie sollen sich zum Beispiel hinterfragen, ob sie mit ihrem Geschäftsmodell auf dem richtigen Weg sind.

Fachleute gehen davon aus, dass sich die Lage frühestens im Sommer normalisiert. Eine lange Zeit, vor allem für kleinere Betriebe. Haben Sie Anzeichen dafür, dass gewisse Mitglieder ihre Tore für immer schliessen müssen?

Dieses Schicksal wird ganz bestimmt einige ereilen. Dafür braucht man kein Prophet zu sein. Wie viele es letztlich trifft, ist gleichbedeutend mit Kaffeesatzlesen. Wer aus meiner Sicht keine Unterstützung verdient, sind Geschäfte, die erhaltene Unterstützungsgelder dafür verwenden, eine Strukturbereinigung durchzuführen.

Wie können Sie als Verband Ihren Mitgliedern helfen?

Wir nehmen uns Zeit für sie. Wir versuchen die vielen Fragen, die wir täglich per E-Mail oder Telefon erhalten, zu beantworten. Weiter bedienen wir sie laufend mit den aktuellsten Infos von Bund, Kanton und Gewerbeverband. Wir geben aber auch technische Hilfestellungen. Wir erklären ihnen, wo sie ein bestimmtes Formular herunterladen oder wie sie kurzfristig eine neue Homepage errichten können. In den nächsten Tagen werden wir unsere Internet-Plattform ausbauen, um unseren Detaillisten Austauschmöglichkeiten, einen Lieferdienst sowie Hilfe übers Intranet zur Verfügung zu stellen.

Welchen Rat geben Sie den Detaillisten mit auf den Weg?

Dass sie auf keinen Fall den Kopf in den Sand stecken. Es kommen wieder bessere Zeiten. Ich empfehle ihnen auch, Zusammenarbeitsmöglichkeiten zu prüfen und zeitnah umzusetzen. Ganz unkompliziert und pragmatisch. Ausserdem fordere ich sie auf, noch konsequenter ihre Stärken auszuspielen. Eine freundliche, gute Beratung beschert auch nach der Krise eine treue Kundschaft.


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