Die tiermedizinische Praxisassistentin Carolin Bisig untersucht die junge Findelkatze Maggie. (Foto: kul) 
Die tiermedizinische Praxisassistentin Carolin Bisig untersucht die junge Findelkatze Maggie. (Foto: kul) 
14.12.2018

Grippewelle macht vor Tieren keinen Halt

Über die Festtage hat die Central Kleintierpraxis in Sursee allerhand zu tun. Täglich versorgt sie verletzte oder kranke Igel, Hunde mit Grippe oder Katzen mit Angina.

Einmal aufpäppeln, bitte. Besonders am Ende der Winterzeit kommt es vor, dass Igel aus dem Winterschlaf stolpern und sich an Orten aufhalten, wo man sie gewöhnlich nicht zu Gesicht bekommt. Oftmals sind sie dann abgemagert und schwach auf den Beinen. Junge Igel, die erst im Herbst zur Welt gekommen sind und weniger als 600 Gramm wiegen, überstehen den Winter oft nicht. Die Central Kleintierpraxis in Sursee ist Anlaufstelle des Vereins Pro Igel, der sich für den Schutz und die Förderung der einheimischen Igel einsetzt. Regelmässig nimmt die Praxis kranke oder verletzte Igel auf, um diese unentgeltlich zu versorgen.
 
Der Igel als «Haustier». Gemeinsam mit ihrem Team verhalf Tierärztin und Leiterin der Central Kleintierpraxis, Muriel von Werthern, einigen Igeln wieder auf die Beine. Einmal brachte eine Frau einen Igel mit verfaulten Zähnen in die Praxis. Die mussten mittels Operation entfernt werden. Die Frau, die den Igel gefunden hatte, liess ihn nach der Genesung weiter im Garten leben, wo sie ihn täglich mit Nahrung versorgte. Erst neulich musste der Kleintierchirurg einem verletzten Igel das Hinterbein amputieren. «Es gilt abzuschätzen, welche Überlebenschance der Igel hat. Das Vorderbein würde ich nicht amputieren, da der Igel in freier Wildbahn nicht überleben könnte.» Das Paar, dass den Igel gefunden hat, lässt ihn nun im Hühnerstall den Winterschlaf halten.
 
Ein Gewohnheitstier. «Wichtig ist, dass der Igel in seine gewohnte Umgebung zurückkehren kann», sagt Muriel von Werthern. Denn gerade ein schwacher Igel benötige zu viel Zeit, um sich an einen anderen Ort zu akklimatisieren und Nahrungsquellen zu finden. «Normalerweise geben Igel bei der Begegnung mit Menschen schimpfende Laute von sich und rollen sich zu einem Stachelball zusammen. Tut er das nicht, ist er vermutlich geschwächt.» Einen verirrten Igel sollte man nur mit Gartenhandschuhen anfassen und in einer Kartonschachtel zum Tierarzt bringen. Wirkt der Igel unterkühlt, kann eine warme Bettflasche dazugelegt werden. Wer hat, kann versuchen das Tier mit Katzenfutter zu füttern.
 
Gastfreundschaft zeigen. Wer den Igeln beim Überwintern behilflich sein will, achtet darauf, den Garten nicht penibel aufzuräumen. Beispielsweise indem Blätter, die im Herbst von den Bäumen fallen, nicht sofort entfernt werden. Denn die Igel bauen sich aus dem Material ein Nest. Gärten mit Sträuchern und Hecken bieten einen idealen Unterschlupf. Mit Nahrung versorgt er sich in der Regel selbst. «Der Igel sollte nicht mit ins Haus genommen werden. Er gewöhnt sich nämlich schnell an den Menschen. Igel sind aber Wildtiere, keine Haustiere.»
 
Wenn Hunde Grippe haben. Die Grippewelle ist nicht nur beim Menschen ein immer wiederkehrendes Thema. Auch unter den Hunden geht Jahr für Jahr die Grippe um. Dabei handelt es sich meistens um Magen-Darm-Grippe-Viren, die für Erbrechen und Durchfall sorgen. «Übertragen werden sie vom Mensch aufs Tier. Nicht aber umgekehrt», so Muriel von Werthern. Die Erreger verteilen sich durch das Schnüffeln an Boden, Mensch und Gegenständen sehr schnell. Katzen können sich ebenfalls durch katzenspezifische Erreger anstecken, erkranken jedoch seltener als Hunde.
 
Nicht nur Menschen husten. Ebenfalls behandelt die Praxis jährlich mehrere Fälle von Zwingerhusten. Dabei handelt es sich um hochansteckende Erreger, welche die oberen Atemwege befallen. In der Regel werden Hunde einmal jährlich gegen Zwingerhusten geimpft. Am meisten betroffen sind junge Hunde bis zu 2 Jahren oder ältere Hunde ab 10 Jahren, da das Immunsystem in dieser Zeit schwächer ist.
 
Katzen-Angina. Bei Hunden ist es der Zwingerhusten, bei Katzen die Angina. Nicht nur die Menschen husten im Winter was das Zeug hält, auch die Katzen müssen daran glauben. Husten und Schluckweh sind meist gut zu erkennen und äussern sich durch würgeähnliche Bewegungen. Oftmals zeigt das Tier auch verminderten Appetit. Wenn die Angina nicht schwerwiegend ist, werden Schmerzmittel und fiebersenkende Medikamente angewendet. Handelt es sich um eine schwerere Angina, kommen allenfalls Antibiotika zum Zug. Leidet der Stoffwechsel stark unter der Erkrankung, kann ein Tier auch stationär aufgenommen werden.
 
Giftige Schokolade und flinke Vierbeiner. In der Adventszeit müssen Herrchen und Frauchen auf Zack sein. Denn es wimmelt von Süssigkeiten und feinen Leckereien. Da ist es schnell passiert, dass Bello sich an Schokolade und Co. bedient. Besonders die schwarze Schokolade ist Gift für den Hund. «Die Schokolade enthält den Bestandteil Theobromin, der vom Hund zu langsam verstoffwechselt wird  und so toxisch wirkt», sagt Muriel von Werthern. Nicht selten erhält die Kleintierpraxis Anrufe von besorgten Besitzern, die den Hund für eine Magenauspumpung vorbeibringen wollen.
 
Die Gefahr im Kaugummi. Ebenfalls toxisch wirken der künstliche Süssstoff Xylitol in Kaugummi sowie bereits kleine Dosen Alkohol (beispielsweise Kirschstängeli). Zucker an sich – beispielsweise Weihnachtsguetzli – sind nicht giftig. Jedoch kann dem Hund vom Teig schlecht werden.
 
Darmverschluss an Weihnachten. Für Katzen stellt Schokolade weniger ein Problem dar, da ihr Interesse daran nicht gross ist. Katzen neigen eher dazu, Fremdkörper zu verschlucken, die schlimmstenfalls zu einem Darmverschluss führen können. Beispielsweise Lametta, Geschenkbänder oder kleine Plastikspielzeuge. Diese Vorfälle enden oftmals mit einer Operation.
 
Melkfett zur Winterzeit. Jacken gegen die Kälte sind bei Menschen notwendig, bei Hunden aber meist nicht. «Es gibt Hunde, die schneller frieren, wie der afrikanische Rhodesian Ridgeback oder Windhunde. Jedoch sollte ein Hund mit ausreichend Bewegung warm genug haben», sagt Muriel von Werthern. Hundehalter sollten vermeiden, lange an Ort und Stelle zu verweilen. Bei Schnee und Eis wird auch das Auftausalz zum Problem der Vierbeiner. Diese lecken nach dem Spaziergang das Salz von den Pfoten, welche auf Dauer rissig werden können. Als Massnahme sollte man vor dem Spaziergang die Ballen mit Melkfett oder Vaseline einreiben und nach dem Laufen mit Wasser abwaschen. Ausserdem greift das Salz auf Dauer den Magen an, so dass die Vierbeiner sogar blutig erbrechen müssen. Hunde sollten auch Schnee nur im Mass essen, informiert die Tierärztin. Denn die Kälte werde schlecht vertragen, was ebenfalls zu akutem Erbrechen führen könne.


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