Beim Haareschneiden heisst es: kämmen, kämmen, kämmen, schneiden, wiederholen. Sandro Ottiger nimmts gelassen, und am Ende sitzt der Haarschnitt. Foto: Ana Birchler-Cruz
Beim Haareschneiden heisst es: kämmen, kämmen, kämmen, schneiden, wiederholen. Sandro Ottiger nimmts gelassen, und am Ende sitzt der Haarschnitt. Foto: Ana Birchler-Cruz
29.03.2019

«Im Grunde betreiben wir Haararchitektur»

Fingerspitzengefühl und ein gutes Auge sind in ihrem Beruf gefragt. Thomas und Sandro Ottiger vom Coiffeurteam Ottiger verbindet nicht nur die Familie sondern auch die Leidenschaft.

 

Fast nirgends legt ein Kunde mehr Wert auf präzise Handarbeit als beim Coiffeur. Und mit fast niemandem ist ein Kunde so vertraut, wie mit dem Coiffeur. «Der einzige, der einer Person noch näher kommt als der Coiffeur, ist der Arzt», sagt Thomas Ottiger, Inhaber von Coiffeur Ottiger in Sursee. Zwischen Kunde und Coiffeur gebe es eine spezielle Verbindung. «Der Austausch, der stattfindet, ist aussergewöhnlich. Man baut eine Beziehung auf. Das muss auch passieren, denn der Kunde ist kein Stück Holz, das man bearbeitet.» Genau diese Vertrauensbasis bringe die Kunden dazu, neue Farben und Schnitte auszuprobieren. «Das geilste ist, wenn jemand zu uns kommt und sagt: ‘Mach. Mir egal was’», sagt Mitinhaber Sandro Ottiger. «Nach eigenen Vorgaben schneiden und färben zu können, ist genial. Und wenn die Kundin am Ende richtig glücklich ist, macht es das umso schöner.»

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Die Haararchitekten

Von dunkel auf hell. Von lang auf kurz. Von schlicht zu extravagant. Oder umgekehrt. Sandro Ottiger hat alles schon gesehen und gemacht. «Schwarzes Haar blond zu färben, ist nicht so leicht, wie man sich das vorstellt», sagt er. «Es funktioniert nicht wie ein Wandanstrich. Es steckt Chemie dahinter, die ein gewisses Grundwissen voraussetzt.» Gibt er jemandem einen neuen Haarschnitt, geht er nicht akribisch nach Lehrbuch vor. Denn jedes Gesicht, jeder Körper verlange nach einem anderen Vorgehen. «Im Grunde genommen betreiben wir Haararchitektur», sagt Sandro Ottiger. «Es gibt so viele verschiedene Elemente, die man in einen Haarschnitt einbauen kann.» Er könne Volumen geben oder nehmen, das Gesicht optisch breiter oder schmäler wirken lassen. Er stimmt den Schnitt auf die Haarstruktur, Dichte und Problemzonen des Kunden ab. Dieses Wissen erlange man nicht in der Grundausbildung, dafür aber auf dem weiteren Berufsweg. «Talent ist das eine, aber nur wer wirklich Interesse hat mehr zu lernen, kann viel herausholen.»

 

 

 

Das Altbewährte heute

Früher hat ein Coiffeur mehr mit Scheren gearbeitet als heute, erzählt Thomas Ottiger. Heute wird vieles maschinell erledigt. Mit Rasierer, Lockenstab, Glätteisen und anderen Werkzeugen. «Rasieren lernst du in zwei Wochen. Dafür brauchst du kein Talent», so Ottiger. «Aber bei der Arbeit mit der Schere steckt viel Handwerk dahinter.» Bei Coiffeur Ottiger lege man deshalb Wert darauf, die altbewährten sowie die neuen Techniken zu pflegen.

Thomas Ottiger, der bereits sei 40 Jahren selbstständig tätig ist, hat damals noch gelernt, Perücken und Toupets zu knüpfen. An drei Drähten wurden in einem zeitaufwendigen Prozess Haare aufgeknüpft. «Finanziell können das die Coiffeurgeschäfte nicht mehr selber tragen», so Ottiger. Bereits das Rohmaterial sei relativ teuer. Perücken stellt Thomas Ottiger nur noch vereinzelt her. In Zusammenarbeit mit dem Kantonsspital kreiert er Perücken für Chemotherapiepatienten. Diese gestaltet er den Bedürfnissen entsprechend.

Die heutigen Haarschnitte gefallen Thomas Ottiger besser als die früheren. Obwohl sich Trends oft wiederholten. «Mittlerweile ist jeder Schnitt schon mal da gewesen. Das ist mein Verdikt des Älterwerdens», sagt der 65-Jährige. Er freue sich aber über die neuen Farben und den Mut der Leute, diese zu tragen. Ende diesen Jahres übergibt er das Geschäft an Sohn Sandro, der die Leidenschaft des Vaters für Haupt und Haar teilt.

 


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