Inspirierende Atmosphäre: Redaktor Fabian Zumbühl (links) mit Künstler Pius Galliker in seinem Atelier auf dem Ruswiler Berg. (Foto: fz)
Inspirierende Atmosphäre: Redaktor Fabian Zumbühl (links) mit Künstler Pius Galliker in seinem Atelier auf dem Ruswiler Berg. (Foto: fz)
22.07.2018

Sommerserie: Den Bud Spencer «spontan» gemalt

«Spontanrealismus» nennt sich der Malstil des Ruswiler Künstlers Pius Galliker. Doch was auf den ersten Blick spontan wirkt, ist in Wirklichkeit gut durchdacht. Die Sommerserie geht in die nächste Runde.

Einmal ein Bild malen. Dieses Vorhaben stand schon seit längerer Zeit auf meiner «bucket list». Seit vielen Jahren arbeite ich als Kunstvermittler in einem Museum und lasse mich dort von der Kunst und ihren Machern begeistern. Doch selber einmal den Pinsel in die Hand nehmen und der Kreativität freien Lauf lassen, das habe ich seit den vielen schönen Malstunden mit meinem Vater zu Kindheitszeiten nie mehr gewagt. Warum also diesen Wunsch nicht im Rahmen der Sommerserie in die Tat umsetzen?
Auf der Suche nach einem ansprechenden Malstil wurde ich mit Künstler Pius Galliker, dem Inhaber der Werbeagentur Visionaer AG in Sursee, schnell fündig. Fasziniert von seinen Arbeiten, in denen er meist bekannte Persönlichkeiten im sogenannten «spontanrealistischen Stil» malt, nahm ich mit dem Ruswiler Kontakt auf. Und zu meiner grossen Freude erklärte sich dieser denn auch sofort bereit, mich bei meinem Projekt zu unterstützen. Es folgte ein Treffen zur Vorbesprechung, und schon bald machte ich mich daran, eine passende Vorlage für mein Gemälde zu finden.
«Ich muss die Person mögen, die ich male – oder zumindest interessant finden», erklärt Pius Galliker die Wahl seiner Sujets. Und so fragte ich mich, wen ich denn gerne einmal malen möchte. Schnell fiel die Wahl auf den Schauspieler Bud Spencer, den 2016 verstorbenen Helden meiner Kindheit. Im Internet besorge ich mir eine passende Vorlage und begann, in einem ersten Schritt das Gesicht mit Bleistift auf eine quadratische Leinwand zu übertragen. Vertikale und horizontale Linien auf der ausgedruckten Vorlage sowie auf der Leinwand dienten als Zeichenhilfen.

«Spontanes» durchdacht gemalt
Samstag, 14. Juli, 13.30 Uhr. Mit der Leinwand unter dem Arm und verschiedenen Ausdrucken in der Hand begebe ich mich in Pius Gallikers Atelier auf dem Ruswiler Berg. Hier lässt es sich arbeiten, denke ich mir, als ich das Atelier betrete: Viel Platz, eine beeindruckende Auswahl an inspirierenden Bildern und angenehme Hintergrundmusik.
Pius nimmt einige seiner Bilder zur Hand und erklärt mir nochmals, worum es bei der Technik des Spontanrealismus geht. «Es ist ein Malen mit Farbschichten. Dieses wirkt zwar spontan, ist es aber nicht.» Alles sei intensiv durchdacht, fast nichts dem Zufall überlassen, sagt der Künstler. Die Technik zeichne sich dadurch aus, dass sich die porträtierte Person zwar wiedererkennen lasse, dabei aber nicht zu genau gemalt werden dürfe. Und auch die Wahl der Farben sei voll und ganz dem kreativen Instinkt überlassen. «Es muss nichts stimmen, aber alles muss stimmig sein», bringt Pius Galliker den Grundsatz dieser Malerei auf den Punkt.

Den Charakter herausarbeiten
Dann gehts ans Eingemachte. Nach einer kurzen Einführung in die Welt der Pinsel und Acrylfarben trage ich mit einem breiten Pinsel zuerst die Hintergrundfarbe auf – ein leuchtendes Cyan. Dann arbeite ich mit einem dünnen Pinsel Schritt für Schritt die wesentlichen Gesichtszüge des bekannten Haudegens heraus. Dabei ist exaktes Malen gefragt: Nur wenn Augen, Nase, Mund und andere charakteristische Züge am richtigen Ort positioniert sind, wird mein «Buddy» am Schluss auch als solcher erkennbar sein. Danach folgt die zerzauste Haarpracht. Diese wird zuerst mit einem dunklen, später mit einem hellen Braun umgesetzt.

Spiel zwischen Nähe und Distanz
So weit, so gut. Das mit dem genauen Malen habe ich gerade noch so hingekriegt. Dann folgt der wohl anspruchsvolle Teil: das Herausmodellieren der Gesichtsform mit unterschiedlichen Pinselbreiten, Strichen und Farben. «Nun geht es darum, die vielen unterschiedlichen Helligkeitswerte der Vorlage auf wenige Flächen zu reduzieren», erklärt Pius. Gar nicht so einfach, denke ich mir, und verliere bei den vielen Farbflächen beinahe die Übersicht. «Es ist wichtig, das Bild immer wieder aus der Distanz zu betrachten», so der Tipp von Pius. Und tatsächlich: Je mehr ich mich vom Bild entferne, umso deutlicher kommt das Gesicht zum Vorschein. Das Spiel zwischen Nähe und Distanz zum Bild wird das weitere Arbeiten bestimmen. Aber auch eine gute Portion Mut ist gefordert. Die Farbe darf in dieser Phase des Malens nämlich alles andere als stiefmütterlich aufgetragen werden. «Das Bild soll am Schluss von markanten Konturen und Flächen leben», weiss der Profi.
Am Ende des Tages ist das Werk noch nicht vollendet. Etwas müde vom langen Stehen und dem konzentrierten Arbeiten mache ich mich auf den Heimweg und vereinbare mit Pius einen zweiten Termin.

Bud ohne Terence?
Zwei Tage später erfolgt der Finish: Einen Morgen lang setze ich mit der Hilfe von Pius die letzten Akzente in Form von einzelnen Strichen und punktuellen Farbtupfern. Da und dort etwas ausbessern – und ja die Kantenseiten des Bildes nicht vergessen! Und siehe da: Das Ergebnis ähnelt schon ziemlich meinem Filmhelden von damals, auch wenn er nun ungewohnt farbig daherkommt. Aber ich bin mit dem Resultat sehr zufrieden, und auch mein Mentor findet Gefallen an meinem Erstlingswerk. Mission erfüllt!
Beim Betrachten des Bilds frage ich mich, wo ich es wohl zuhause aufhängen werde. Und irgendwie habe ich das Gefühl, dass da noch was fehlt. Ein  zweites Bild in Form eines spontanrealistischen Terence Hill würde doch bestens zu meinem «Buddy» passen, oder?

 

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Das Endresultat: Bud Spencer im spontanrealistischen Stil (50 cm x 50 cm). (Foto: fz)


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