56 der insgesamt 111 Fundstellen des länderübergreifenden Welterbes «Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen» liegen in der Schweiz. Die restlichen Fundstellen liegen in Deutschland, Frankreich, Italien, Österreich und Slowenien.
Die verschiedenen prähistorischen Welterbestätten decken einen Siedlungshorizont aus dem Zeitraum von 4300 – 850 v.Chr. ab. Heute liegen sie grösstenteils unsichtbar im Boden verborgen, standen jedoch einst an kleineren und grösseren Seen oder gar auf Inseln. Viele dieser Seen sind heute verlandet, so dass der Eindruck entsteht, dass die prähistorische Siedlung vor Jahrtausenden mitten im Wiesland gestanden hat.
So beispielsweise im Wauwilermoos, in welchem eine der drei Welterbestätten des Kantons Luzern beheimatet ist. Die feuchte Umgebung hat nicht nur dort, sondern auch in Hitzkirch-Seematt und Sursee-Zellmoos dafür gesorgt, dass organische Materialien aussergewöhnlich gut erhalten geblieben sind.
Egolzwil prägt eine Kulturepoche
Die grösstenteils bereits im frühen 20. Jahrhundert durchgeführten Grabungen lieferten einzigartige Holzfunde, welche uns heute einen tiefen Einblick in das Leben und die landwirtschaftlichen Tätigkeiten der Menschen vor über 6000 Jahren ermöglichen.
Ausgrabung in Egolzwil um 1906, mit exzellenten Baubefunden. (Foto ZVG)
Zahlreiche Befunde, wie beispielsweise aus Rundhölzern gebildete Böden konnten so dokumentiert werden, wie wenn sie erst vor kurzer Zeit verlassen worden wären. Dank diesen einzigartigen Befunden gelang es der Wissenschaft, ganze Häuser und Dorfstrukturen zu rekonstruieren. Sicheln und Steinbeile mit Holzschäften, Reste von Fischernetzen und ganze Garnknäuel, aber auch Material aus Ton, wie Töpfe, Schalen, Näpfe stehen dem organischen Material in nichts nach.
1929 wurde bei einer Grabung in Egolzwil ein derart umfassendes und in sich geschlossenes Keramikensemble gefunden, dass eine ganze Kulturepoche danach benannt wurde – die «Egolzwiler-Kultur».
Typische Gefässe der Egolzwiler-Kultur (um 4300 v. Chr.) (Foto ZVG)
Pfahlbauten auf Halbinsel Zellmoos und Gammainseli
Das Zellmoos zeichnet sich durch zwei sehr gut erhaltene Fundschichten aus: Die untere datiert in die Jungsteinzeit (frühes 4. Jahrtausend v.Chr.), die obere in die späte Bronzezeit (um 1000 bis 900 v.Chr.). Dank mehrerer Untersuchungen ist vor allem die spätbronzezeitliche Schicht gut bekannt, welche nebst einmaligen Hausgrundrissen auch den bis anhin einzigen Ofen der Schweiz aus dieser Zeit geliefert hat. Leider ist die bronzezeitliche Schicht durch Austrocknung in ihrem Bestand akut gefährdet.
Eine digitale Vitrine
2021 finden anlässlich des Jubiläumsjahrs an vielen Orten rund um die Alpen Veranstaltungen statt. Aufgrund der Coronapandemie hat sich die Kantonsarchäologie Luzern allerdings entschieden, derzeit keine öffentlichen Anlässe zu planen. Dennoch wird zumindest eines der drei kantonalen Welterbestätten im Jubiläumsjahr gewürdigt: die Pfahlbausiedlung Wauwil erhält einen «Refresh» und erscheint in der zweiten Jahreshälfte in neuem Glanz.
Wer sich online einen Überblick über die bunte Welt der Pfahlbauer verschaffen möchte, besucht die «digitale Vitrine», initiiert von der International Coordination Group Palafittes. Unter dem Motto 10 Jahre – 100 Geschichten zeigen dort über 30 europäischen Museen und Institutionen Highlights und Alltagsobjekte – natürlich auch aus dem Fundus der Luzerner Welterbestätten: digitalevitrine - palafittes.vitrine
Weitere Informationen unter:
International Coordination Group Palafittes ICG: Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen - Palafittes
Welterbestätten Kanton Luzern: Unesco-Weltkulturerbe