Angela Nussbaum zeigt stolz ihren grünen Döschwo mit Jahrgang 1987.  (Foto Thomas Stillhart)
Angela Nussbaum zeigt stolz ihren grünen Döschwo mit Jahrgang 1987.  (Foto Thomas Stillhart)
07.08.2020

Mit 50 Jahren erfüllte sie sich den Traum eines Döschwos

von Thomas Stillhart

Seit Angela Nussbaum 15 Jahre alt war, träumte sie von einem Döschwo. Am 8. Dezember 2011 erfüllte sie sich ihren Traum. Sie musste sich aber zuerst an ihn gewöhnen.  

Der Döschwo ist wie der VW Käfer ein Kultauto. Wer ihn fährt, gibt ein Bekenntnis zur guten alten Autobaukunst ab, als ein Auto noch einen Charakter hatte und nicht nur wie heute ein Computer auf vier Rädern ist. 

Angela Nussbaum gibt ihrem Döschwo zwar keinen Kosenamen, doch sagt sie: «Wir mussten uns zuerst aneinander gewöhnen.» Als die Kaltbacherin den Döschwo ihrer Träume am 8. Dezember 2011 in Elgg (Kanton Zürich) sah, kaufte sie ihn sofort. Bis sie ihn gut fahren konnte, dauerte etwas. Die Gangschaltung – eine Stockschaltung mit vier Gängen – hat ihre Tücken. 

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Vergangene Woche bei einer kurzen Demonstration ihrer Fahrkünste wollte der Motor nicht anspringen. Routiniert öffnete sie die Kühlerhaube und zog bei der Autobatterie von Hand eine Schraube an. «Die Schraube löst sich manchmal», kommentierte sie. Der Motor sprang an und drehte erstaunlich leise. «Das tönt ganz anders, wenn ich den Tacho auf der Autobahn mit Schub bis auf 110 km/h bringe», ergänzt sie. 

Kaum auf die Autobahn

Dass der Döschwo jedoch selten auf die Autobahn geht, zeigt die Vignette 2019. Nur wenn sie ein Döschwo-Treffen besucht, wählt Angela Nussbaum gewöhnlich die Autobahn. Die Kilometeranzeige hat 128’400 km drauf. 2011 waren es noch 99’000 km. 

«Damals fuhren vor allem Studenten und Lehrer Döschwo. Ich wollte auch studieren, doch durfte ich nicht.»
Angela Nussbaum, Döschwo-Besitzerin

Aufgewachsen ist Angela Nussbaum in Knutwil. Seit sie 15 Jahre alt war, wusste sie, dass ihr erstes Auto ein grüner Döschwo sein wird. Diese Farbe sei ihr Tick. «Damals fuhren vor allem Studenten und Lehrer Döschwo. Ich wollte auch studieren, doch ich durfte nicht.» Zudem lernte sie mit 18 Jahren Ueli Nussbaum kennen und lieben. Sie gründete auf dem Eichenhof hoch über Kaltbach eine Familie. Mittlerweile arbeitet sie bei Eier Meier in Schötz auf dem Büro. 

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Mit 50 Jahren gekauft

Im Rahmen ihrer Arbeit fuhr sie oft nach Muttenz, wo ein Döschwo-Nest ist. Ihr Traum vom Döschwo erwachte wieder. Angela Nussbaum beschloss: «Mit 50 Jahren möchte ich mir meinen Traum leisten.» Da die Döschwos jedoch nach dem Produktionsstopp vor 30 Jahren immer seltener wurden, kosten sie auch mehr als das Doppelte als früher. 

Im Dezember 2011 rückte ihr 50. Geburtstag immer näher. Im Internet wurde sie schliesslich fündig, doch der Döschwo war rot statt grün. Ihre Tochter Valentina verstand die Welt nicht mehr und sagte ihr, sie sollte jetzt nicht kneifen. Mutter Nussbaum rief nach Zürich an und schilderte ihren Wunsch nach einem grünen Auto. «Der Mann erklärte mir am Telefon, er kenne einen Mann, der einen grünen Döschwo irgendwo stehen hat.» 

«Pass- und Bergfahrten hat der Döschwo nicht so gerne.»
Angela Nussbaum, Döschwo-Besitzerin

Von Auffahrt bis Oktober

Am 8. Dezember fuhren Angela und Valentina Nussbaum nach Elgg. Einen Kollegen von Valentina, der Automechaniker war, nahmen sie mit. «Wir fuhren hin und kauften den Döschwo ohne zu zögern», strahlt Angela Nussbaum.  

Seither fährt sie mit dem Döschwo ab Auffahrt bis Mitte Oktober zur Arbeit. Vor allem Kinder freuen sich am Anblick. Auch Döschwo-Treffen besucht sie und einige Ausfahrten – unter anderem mit dem Oldtimerclub Wiggertal – kommen dazu. «Pass- und allgemein Bergfahrten hat er jedoch nicht so gerne.» Weil sie Erbarmen mit dem Auto hat, lässt sie solche steilen und kurvigen Fahrten. «Mein Mann Ueli sagt immer, man muss ihn mit Hirn fahren.» Er sitzt übrigens kaum hinter das Steuer des Döschwos. 

580 kg Leergewicht

Mit Jahrgang 1987 erreichte der Döschwo 2017 das Oldtimer-Alter – offiziell heisst er nun Veteranenfahrzeug. Einen Oldtimer muss man nur noch alle sechs Jahre stellen, doch haben solche Fahrzeuge eine Kilometerbeschränkung pro Jahr. 

«Ein Koffer und ein Beauty-Case oder zwei Kisten Bier haben im Kofferraum Platz.»
Angela Nussbaum, Döschwo-Besitzerin

Vor zwei Jahren liess Angela Nussbaum ihren Döschwo komplett neu spritzen. «Jetzt glänzt er wieder wie neu.» Bleifrei mit einem Zusatz tankt sie und verrät: «Für 25 Franken kann ich den Tank füllen.» Der Döschwo wiegt 580 kg Leergewicht. Der Kofferraum wird seinem Namen gerecht. «Ein Koffer und ein Beauty Case oder zwei Kisten Bier haben darin Platz.» Speziell ist, dass der Motoranlasser links vom Steuerrad ist. Linkshänderin Angela Nussbaum kommt das zu Gute. Und das eingerollte Faltdach macht aus dem Döschwo einen Cabrio. Mit offenem Dach fühlt sich Angela Nussbaum wie die Studenten während der Hippie-Zeit. 

Info

Vor 30 Jahren eingestellt

Am 27. Juli 1990 verliess im Citroën-Werk Mangualde in Portugal der endgültig letzte Wagen die Montagehallen. Der 2CV sei damals technisch wie auch konzeptionell stark veraltet gewesen. Die Ära des Döschwo startete 1948 am Pariser Autosalon. Den Kultfaktor des Döschwo belegte die Verleihung des Titels «Auto des 20. Jahrhunderts» 2002 in Frankreich. Umgangssprachlich wird er «Ente» genannt, weil anscheinend die eigenwillige Karosserie einige an ein «hässliches Entlein» erinnerte. Der Name 2CV (französisch «deux chevaux» – zwei Pferde) täuscht, denn er hat mehr als 2 PS. Ein Denkmal setzte Louis De Funès dem Döschwo im Film «Der Gendarm von St. Tropez» 1964. Auch James Bond hatte in einem Döschwo eine Verfolgungsjagd (1981, «In tödlicher Mission»). 


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